Glinde
(st).
"Guck doch, wie das Meer!", sagte eine Besucherin der Ausstellung Form-Art gestern Mittag im Bürgerhaus zu ihrer Freundin. Beide starrten aus dem Fenster Richtung Marktplatz und hatten keinen Blick für den Flohmarkt vor der Tür. Ihre Aufmerksamkeit galt allein der Kunst: Auf dem schmalen Fensterbrett standen zwei Bildhauerarbeiten von Jürgen Ferdinand Schulz; eingefasst in altem Eichenholz brach sich das Licht glitzernd in den grünlich türkisfarbenen Bruchkanten von Fensterglas. Die Freundin schüttelte bedauernd den Kopf: "Ich sehe es nicht", stellte sie fest. Der Bildhauer hatte die Szene beobachtet und befand grinsend: "So sieht jeder Betrachter seine eigene Kunst."

Seine kam an: Die etwa 2000 Besucher wählten ihn zum beliebtesten Künstler, sodass der Gastgeber Kunstverein ihm den "ART-hur" verlieh. Doch nicht nur seine Werke lieferten Gesprächsstoff - Kunst als Katalysator für das Gespräch zwischen den Besuchern, zwischen Künstlern und Betrachtern oder unter den Künstlern: Das ließ sich am vergangenen Wochenende in der Ausstellung überall beobachten. Der Kunstverein Glinde konnte 46 Maler, Fotografen, Grafiker und Bildhauer gewinnen. In der Malerei, besonders im Festsaal, dominierten realistische Motive, beispielsweise bei der Hamburgerin Ulla Kutter. Sie hält Szenen per Foto fest, bevor sie sie mit Acryl auf die Leinwand bannt. "Ich erwarte überhaupt nicht, hier ganz viele Bilder zu verkaufen", sagte die Malerin, deren Motive häufig von Lichteffekten inspiriert sind. "Aber durch eine dänische Künstlerin bekomme ich vielleicht die Möglichkeit zu einer Ausstellung in Kopenhagen. Und von den Besuchern bekomme ich ein tolles Feedback." Daraus könnte sich auch später noch ein Verkauf ergeben.

Das Ehepaar Barche aus Lohbrügge war fasziniert von Christiane Gaeberts filigranen Papierarbeiten. Inspiriert von der Auseinandersetzung mit dem Buch "Alice im Wunderland" begann sie vor drei Jahren, Buchseiten zu beschneiden, zu falten und mit Farbe zu besprühen, und verwandelte sie so in feine dreidimensionale Objekte.