M.u.T. informiert über “die neue Rechte“

Wer kennt schon das Magazin "Zuerst!"? Wer die "Identitären", die Rockband "Kategorie C - Hungrige Wölfe" oder die Partei "Die Freiheit"? Und wer weiß den Unterschied zwischen Hagida, Pegida und Bragida? "Viel zu wenige", meint Andreas Speit (48), Journalist und Sozialwissenschaftler. So nahm er die Einladung der Glinder Aktion "Menschlichkeit und Toleranz" (M.u.T.) an und berichtete im Gutshaus über "Rechtsextremismus - mitten unter uns". Speit recherchiert seit Jahren zur rechtsextremen Szene, arbeitet für die "taz" und hat Bücher zum Thema geschrieben.

"Rechtsextremismus äußert sich nicht mehr im Tragen von Nazi-Symbolen oder in Aufmärschen kahlköpfiger Springerstiefelträger." Der neue Rechtsextremismus gebe sich modern, poppig und äußere sich vor allem in Sozialdiffamierungen. "Der klassische Satz eines Rassisten beginnt heute mit 'Ich bin kein Rassist, aber ...'", so Speit. Dem folgten oft Behauptungen wie: Flüchtlinge erschlichen sich nur soziale Leistungen oder islamisierten Deutschland. Die neuen Rechten werteten Hartz-IV-Empfänger, Behinderte, Homosexuelle, Obdachlose und Frauen ab, erläuterte er. Die Ebert-Stiftung habe herausgearbeitet, inwieweit dies bereits in der Mitte der Gesellschaft angekommen sei. Jeder zweite Bundesbürger finde nichts dabei, Hartz-IV-Empfänger und Asylsuchende als Menschen zweiter Klasse zu sehen. Nicht Parteien wie die NPD seien treibende Kräfte. Anheizer seien mehr die Pegida, Bücher von Thilo Sarrazin ("Deutschland schafft sich ab"), des Deutsch-Türken Akif Pirincci ("Deutschland von Sinnen - der irre Kult um Frauen, Homosexuelle und Zuwanderer") oder des Journalisten Peter Hahne ("Rettet das Zigeuner-Schnitzel!"), die rechte Klischees hoffähig machten.

"Im Wahlkampf hieß es auch bei der CDU: 'Einwanderung ja, aber nicht in unsere Sozialsysteme'", erinnerte Speit. Als er nach dem Anschlag auf die Flüchtlingsunterkunft in Escheburg gewesen sei, habe es dort geheißen: "Gott sei Dank kein Rechtsextremer!" "Die Escheburger erschienen mir erleichtert, dass ein Finanzbeamter aus der Nachbarschaft der Täter gewesen ist." Die Empathie der Menschen sinke, niemand wolle mit dem Elend anderer belastet werden.

Speit mahnte an, die Gesellschaft der Zukunft zu definieren: "Eine solidarische oder soll sich jeder der Nächste sein?" Das müsse für den sozialen Frieden geklärt werden.

M.u.T. lädt für Sonntag, 29. März, von 11 bis 18 Uhr Schüler ins Bürgerhaus, Markt 2, ein, die mit Künstlern ein Projekt zum Thema "Heimat" erarbeiten. Mehr Infos unter www.mut-in-glinde.de.