Flüchtlinge: Es bedeutet ihnen viel, die deutsche Sprache zu lernen

"Mein größtes Ziel ist, dass sie beginnen zu sprechen", sagt Stanislav Levitskiy (27) über seine Schüler. Zwölf Männer und Frauen, die sich seit vier Wochen jeden Donnerstagmorgen in der Küche des Jugendzentrums (JuzO) um den großen Tisch versammeln, um Deutsch zu lernen. Finanziert werden die Kurse von der Gemeinde. Die Politik hat für die Integration der Flüchtlinge 15 000 Euro für 2015 bereitgestellt.

Gestern Abend ging es im Kultur-, Sozial- und Jugendausschuss um die Verteilung dieser Zuschüsse: 6000 Euro sind bereits für die Deutschkurse im JuzO und in der VHS gedacht. Für den neuen Verein Flüchtlingshilfe, der ebenfalls Deutsch unterrichten will, waren als Starthilfe zuletzt 2000 Euro im Gespräch.

Deutschlehrer Levitskiy will seinen Schülern helfen, im Alltag klarzukommen, amtliche Papiere auszufüllen, Informationen zu bekommen und ihre Bedürfnisse auszudrücken. Seine Teilnehmer kommen aus Albanien, Armenien, der Ukraine, Syrien und dem Irak.

Friseurin Areej und ihr Mann, der Schneider Yasser, kommen aus Syrien. Sie sind mit ihren drei Kindern gerade von Oststeinbek nach Glinde gezogen. Areej macht sich große Sorgen um ihren Bruder, dessen Haus gerade zerbombt wurde. Munir Hloubi und seine Tochter Haya (18) haben den Rest ihrer Familie auf der Flucht verloren. Haya möchte hier gern Jura studieren. Die beiden leben seit sechs Monaten in Oststeinbek, genau wie Zedan Khalaf Kassim. Der Jeside floh aus dem Nordirak. "Es bedeutet mir sehr viel, die deutsche Sprache zu lernen", sagt der junge Steinsetzer. Auch er sorgt sich um seine Familie, die er in dem umkämpften Land zurücklassen musste.

Kursusleiter Stanislav Levitskiy zeichnet eine Landkarte auf: "Das ist Hamburg, hier ist Oststeinbek und hier ist Bergedorf. Dort sitzt die Redaktion der Bergedorfer Zeitung." Weiter geht es im Unterricht. "Wir sagen: Mein Name ist Bruno Schneider, nicht Bruno Schneider ist mein Name. Das Verb steht immer an zweiter Stelle", sagt Levitskiy. Danach ist das deutsche "Sie" an der Reihe. "Wie heißen Sie, fragt man, nicht: Wie heißt du?", erklärt der Lehrer. "Ah, mit Respekt", sagt Lara und nickt. Levitskiy übersetzt das für die anderen.

Er spricht mehrere Sprachen: Griechisch, Albanisch, Englisch, Russisch und ein wenig Arabisch. Der gebürtige Russe lebt seit 2009 in Deutschland. Seine Familie stammt aus einer Gegend nahe der tschetschenischen Grenze, auch ihr Wohngebiet wurde in die Bürgerkriegskämpfe der Nachbarn hineingezogen. Er hat selbst mehrere Deutschkurse besucht, um hier sein Studium als Lehrer beenden zu können.

Zurzeit arbeitet der 27-Jährige an der Grundschule Mühlenredder in Reinbek und wohnt mit seiner Familie in Lohbrügge. JuzO-Leiter Hans-Jürgen Schinowski kennt er, weil ihre Kinder denselben Kindergarten besuchen. Heute hat Levitskiy ein Lehrbuch mitgebracht. "Erste Schritte" heißt es, auch die VHS arbeitet damit. Er macht es vor und geht um den Tisch: "Schritte". Auf den ersten Seiten geht es um die Verben "heißen" und "sprechen", die sie schon gelernt haben.

Nach dem Unterricht gibt es noch einen kleinen Imbiss. Jacob Rohde, Vorsitzender der Flüchtlingshilfe, kommt hinzu. Er hat für jeden ein gutes Wort, scherzt mit den Männern, hört sich die Sorgen der Flüchtlinge an. Und er hat etwas mitgebracht: Arbeitsblätter, "Deutsch für 60 Unterrichtsstunden". "Unser Kursus ist keine Konkurrenz, sondern ein ergänzendes Angebot", betont Rohde.