Abschiedsgottesdienst: Barbara Röbert nach 15 Jahren als Prädikantin entpflichtet

"Das wird mir nicht so leicht fallen", sagte Barbara Röbert (74) noch zwei Tage vor ihrem Abschiedsgottesdienst als Prädikantin in der Auferstehungskirche. Gestern hat man es ihr nicht angemerkt. Da hat sie ihre Gemeinde die Predigt wieder einmal nicht nur hören, sondern spüren und erleben lassen - lebendig und kraftvoll im Dialog mit den Zuhörern.

Diese Zwiesprache, der sogenannte "Bibliolog", bei dem die Gläubigen in die Rollen der biblischen Personen der Predigt schlüpfen und sich als diese äußern können, war ein Schwerpunkt ihrer Ausbildung zur Prädikantin (Laienpredigerin). Propst Matthias Bohl, der sie auch in ihr Amt eingeführt hatte, entpflichtete Röbert am Sonntag dankbar und voller Anerkennung: "Du hast die Kraft, die Gott uns in den Texten der Bibel für das Leben gibt, mit hinüber genommen zu den anderen Menschen. Und das nicht nur von hier oben, in einer Einbahnstraßenkommunikation, sondern im Dialog." Am Ende des Gottesdienstes gab es Applaus für die Frau, die 15 Jahre lang die Bibel auf besonders lebendige Art und Weise in die Gemeinde getragen hat.

Wie lebendig, zeigt ein Beispiel aus dem WM-Sommer, in dem sie über das Volk predigte, das ein goldenes Kalb anbetet, als Moses mit den 10 Geboten vom Berg Sinai herabsteigt. "Ich habe einen Fußball genommen und in die Kirche gekickt", sagt sie und lacht. Den Bibeltext aus unterschiedlichen Perspektiven auszulegen und so einen Bezug zu schaffen zu den Lebensfragen und Lebenssituationen der Menschen, war immer ihr Ziel, wenn sie auf der Kanzel stand.

"Ich bin ja Bibelfan", sagt die 73-Jährige, "und das seit meiner Kindheit". Besonders inspiriert haben sie die starken Frauengestalten. Als die evangelische Kirche die feministische Theologie in ihrer "Dekadenzeit" zehn Jahre lang zum Ausbildungsschwerpunkt machte, wurde auch Barbara Röbert gepackt. "Ich wollte mehr Hintergrundwissen haben, es war nicht mein Ziel, Gottesdienste zu leiten", sagt sie. Als es dann doch so weit war, hatte sie keine Angst vor schwierigen Themen. Nicht nur eine Heldin wie Esther, die ihr Volk vor dem Pogrom rettet, auch Judith, die den gegnerischen Feldherrn Holofernes täuscht und enthauptet, wurde zum Predigtinhalt.

Dass sie die 70, das reguläre Alter, in dem Prädikanten entpflichtet werden, schon überschritten hat, sieht man der zierlichen Osteinbekerin mit den wachen Augen und dem herzlichen Lächeln nicht an. Seit 1980 lebt die gebürtige Stettinerin im Ort.. "Ich war ein Flüchtlingskind, das ist ja heute wieder ganz aktuell." Nach einer Ausbildung zur Krankenschwester im Kinderkrankenhaus Altona betreute sie zunächst ihren Sohn in Elternzeit, bildete sich danach als Lehrerin für Pflegeberufe weiter und leitete später die Krankenpflegeschule in Ratzeburg.

Vor allem die Christmette am Heiligabend war "ihr" Gottesdienst. Ihn hat sie zusammen mit ihren jungen Helferinnen, Kaiken und Inken Junge sowie Anke und Hjördis Riebesel, auch musikalisch gestaltet. "Da ist alle Hektik weg, da kommen alle, die den Heiligen Abend ruhig ausklingen lassen wollen." Kaiken Junge hat auch bei ihrem Abschiedsgottesdienst die Liturgie gesungen. "Ich kann nicht singen, und ich nutze gern die Talente anderer", sagt sie mit einem Augenzwinkern. "Unsere Kirchengemeinde ist total aufgeschlossen und hat uns viel Freiraum gegeben", sagt Röbert dankbar, die noch Reinhold Trott als Laienprediger an ihrer Seite hatte. Kirsten Puttfarcken-Müller ist seit Mai 2014 neu in der Ausbildung zur Prädikantin und wird ihre Nachfolge antreten.

Dem Kirchenkreisvorstand und auch der Gemeinde bleibt sie erhalten, zum Beispiel als Beauftragte für die Ehrenamtlichen. Jetzt will sie "auch ein paar andere Bücher lesen, da freue ich mich drauf."