Toter Nachtportier: Auswertung der Handydaten geben neuen Hinweis

Lebenslänglich oder Freispruch - darum geht es vor dem Landgericht Lübeck für Amir H. Der aus Afghanistan stammende 46-jährige soll in der Nacht zum 6. März 2014 in der Havighorster Feldmark seinen 29-jährigen Landsmann Massoud A. mit vier Pistolenschüssen getötet haben (wir berichteten). Seit dem 7. November 2014 läuft der Mordprozess gegen Amir H., der am ersten Verhandlungstag alle Vorwürfe zurückgewiesen und sich seitdem zu der Tat nicht mehr geäußert hat. Auch am gestrigen Prozesstag kam das Gericht nur kleine Schritte voran.

In der Nähe des Tatorts war der Wagen des Mordopfers zurückgeblieben, die Polizei fand in dem BMW das Handy des getöteten jungen Familienvaters. Die Untersuchung der SIM-Karte und des Speichers brachte für die Lübecker Mordkommission kaum wichtige Erkenntnisse. "Wir haben nur viele Fotos gefunden, die eine Familie mit Vater, Mutter und zwei kleinen Kindern zeigen, eine Unmenge von SMS und Daten, aus denen sich keine Verbindung zu der Tat herstellen ließ", sagte die 53-jährige Kriminalbeamtin. "In den SMS gab es keinen Hinweis auf möglich Motive wie Eifersucht, Rache, Schulden oder verletzte Ehre". Eine Gerichtsmedizinerin habe das Mobiltelefon auf Fingerabdrücke untersucht. "Rückstände des Angeklagten waren darauf nicht zu finden", sagte sie gestern vor Gericht.

Nur im Kalender des IPhone fand sich eine Eintragung, die auf die Tat hindeuten könnte: "Reinbeker Redder", dazu aber ein Datum, das weit vor der Tat lag. Das Opfer Massoud A. wohnte ebenso wie der Angeklagte im Norden Hamburgs, beide hätten mit der Adresse normalerweise nichts anfangen können. Die Kripo vermutet, dass sich die beiden in der Mordnacht am Reinbeker Redder verabredet hatten. Von dort bis zum Tatort sind es nur wenige hundert Meter.

Während der vergangenen Gerichtsverhandlungen zeichnete sich ein mögliches Tatmotiv ab: Massoud A. soll bei Amir H. rund 1500 Euro Schulden gehabt haben. Noch in der Mordnacht soll der Angeklagte einem Freund die Tat damals gestanden haben. Der Angeklagte Amir H. saß auch gestern mit nahezu unbewegter Miene auf seinem Platz. Nur hin und wieder wurde er unruhig und begann aufgeregt auf seine Dolmetscherin einzureden.

Trotz der bislang schwierigen Beweisführung soll das Urteil voraussichtlich bereits am 6. März verkündet werden.