Amokdrohung: An den Schulen ist die Unsicherheit noch spürbar

Ein Spalier aus Lehrern, Polizisten und Hausmeistern empfing gestern Morgen die 1290 Schüler am Schulzentrum. "Guten Morgen, Lena. Guten Morgen, Fabian", wurden sie namentlich begrüßt. Und ab 7.50 Uhr riefen die Lehrer lachend: "Zu spät, zu spät!" Die Atmosphäre hat sich etwas entspannt, nachdem am Mittwoch noch wegen einer Amokdrohung per E-Mail der Unterricht ausgefallen war. Glücklicherweise blieb alles ruhig.

Betroffen war auch die Erich Kästner Gemeinschaftsschule in Barsbüttel (EKG), die in Kopie dieselbe Drohung erhalten hatte. Auch gestern wollten die Schulen und die Polizei nichts Näheres über den Inhalt der Nachricht verraten. Denn der Urheber der E-Mail ist noch nicht ermittelt. Wann es soweit sein wird, ist noch nicht absehbar, hieß es gestern bei der Kripo. Viele Schüler und auch Eltern sind noch spürbar verunsichert. "Mir war schon mulmig", erzählte eine Glinderin, die ihre Tochter zur Schule brachte. "Es war richtig, den Unterricht abzusagen. Aber man darf sich auch nicht verrückt machen lassen." Die Kinder und Jugendlichen gingen auf die Polizisten zu, wollten wissen, was in der E-Mail stand und wer sie geschickt hatte.

Auch vor der EKG standen morgens Polizisten und Lehrer. Mit dabei: Polizeihauptmeister Bernd Angenendt, Barsbüttels Experte für Jugendkriminalität. "Die Schüler sind alle sensibilisiert, vorhin waren auch ein paar Oberstufenschüler bei mir und sagten, sie hätten Angst", erzählte er. Schulleiter Hartmut Johann bekam morgens Besuch von besorgten Eltern. "Aber die sind alle ganz ruhig und sachlich geblieben, daran hat der Elternbeirat entscheidenden Anteil, der viele mit informiert hat", sagte er. Nur eine Oberstufenschülerin habe entschuldigt gefehlt, weil sie zu viel Angst gehabt habe. Für den Umgang mit der Situation am Tag danach habe die Schule am Mittwoch noch eine Generalversammlung mit allen Schülern und der Polizei erwogen. "Doch das hätte einen weiteren Paukenschlag bedeutet", sagte Johann. Also habe man gemeinsam einen Leitfaden für die Situation formuliert. Die Lehrer sprachen in den ersten Stunden mit ihren Schülern über das Erlebte und griffen eventuell vorhandene Ängste auf.

"Ich habe heute schon in einer 10. und einer 8. Klasse diese 'Seelsorge' betrieben. In der 10. herrschte Ruhe und große Betroffenheit, auch bei den jüngeren gab es keine hysterischen Schüler", berichtete Schulleiter Johann. Ein paar Eindrücke vom Mittwoch werden bei ihm indes noch lange haften bleiben. "Mittags hat uns die Gemeinde mit Erbsensuppe verpflegt. Ich habe mit den Polizisten meinen Teller Suppe gegessen, und neben mir lag eine Maschinenpistole auf dem Tisch. Das war schon eine besondere Situation", sagte er.

Auch Harald Fröhlich, Schulsozialarbeiter am Glinde Schulzentrum, ging gestern in die Klassen, um mit den Schülern zu sprechen, auch kamen Kinder auf ihn zu. Ruhe bewahren und zeigen, war die Ansage. Fröhlich gehört gemeinsam mit seiner Kollegin Wiebke Hermann, Vertretern der Polizei, des Jugendamtes, der Jugendgerichtshilfe und der Schulen zum Kriseninterventionsteam, das sich bei Bedrohungslagen trifft und sie analysiert. Die beiden Schulsozialarbeiter haben sich nach dem Amoklauf an einer Erfurter Schule 2006 weitergebildet und arbeiten seitdem mit der Polizei zusammen - am liebsten präventiv. Verändert sich ein Schüler auffällig, wird ein gewaltverherrlichender Text entdeckt, wird das Team aktiv und analysiert die Bedrohung, um die Gefahr einzuschätzen. Auch bei der aktuellen E-Mail wurde Fröhlich zu Rate gezogen, konnte den Stil aber niemandem zuordnen. "Momentan ist die Lage allgemein angespannt, da ist eine tatsächliche Bedrohung nicht von der Hand zu weisen." Nach der Einschätzung werde gemeinsam überlegt, was zu tun ist. "Das Wichtigste ist der Schutz der Menschen. Deshalb war es richtig, die Schule zu schließen." Mit rechtzeitiger Information vermeide man Panik bei den Familien.

Die drei Schulen werden auch heute wieder unter Polizeischutz stehen, um den Kindern Sicherheit zu vermitteln.