Schiedsmann Norbert Schicketanz vermittelt bei Nachbarschaftsstreitigkeiten

Wenn Nachbarn sich streiten und keine Einigung finden, wenden sie sich an Norbert Schicketanz (71). Der Schiedsmann der Stadt Glinde ist eine Institution, ein Menschenfreund, ein Diplomat mit klaren Worten - und selbst durchaus streitbar. In seiner mittlerweile zweiten Amtszeit hat er zwar bereits einiges erlebt. Schicketanz ist aber immer wieder verblüfft, über welche anfänglichen Kleinigkeiten sich Gemüter so erhitzen können.

"Es geht um Zentimeter in der Hecken- oder Zaunhöhe, um Samenflug, immer wieder um Bäume, die wie ihre Besitzer älter, höher und knorriger geworden sind", sagt er. Es gehe um Geräusche, von lauter Musik bis zu Kinderlachen. "Da schrumpft die Toleranz mit den zunehmenden Jahren. Und Neubürger leben ihren Traum vom eigenen Heim, verwechseln aber den Reihenhausgarten mit der 10 000 Quadratmeter großen Hazienda", sagt er. Übrigens ist die vermeintlich "typisch deutsche Leidenschaft", Recht behalten zu wollen, überhaupt nicht typisch deutsch: Dieses Phänomen ist über alle Nationalitäten verteilt, hat Schicketanz festgestellt.

Ist einer der beiden Streithähne, die unbedingt in Glinde wohnen müssen, so genervt, dass er sich an Schicketanz wendet, hört sich der leidenschaftliche Vermittler die Klagen erst einmal an. "Manchmal kann man schon am Telefon etwas ausrichten. Wenn nicht, bitte ich den Anrufer, das Problem für mich in wenigen Zeilen zu beschreiben. Dann lade ich beide Parteien - in der Regel innerhalb von 14 Tagen - zu einem Termin auf neutralem öffentlichen Boden ins Bürgerhaus ein." Manche Bürger kommen mit Rechtsanwälten an ihrer Seite. Die seien aber nur Berater, sagt Schicketanz.

Er lese zunächst den Antrag vor. "Dann können Ergänzungen gemacht werden und los geht's. Manche sind sehr aufgeregt. Es gibt Vorwürfe. Aber das gehört dazu. Ich muss vermitteln, dass wir zusammensitzen, um das Problem erfolgreich aus dem Weg zu räumen." Dabei hilft zum einen das Nachbarschaftsrecht, und zum anderen auch aufzuzeigen, was überhaupt möglich ist. Schließlich gilt es, dafür zu sorgen, dass niemand das Gesicht verliert. "Glücklicherweise gibt es kein Publikum", sagt er. Sein Ziel: Die Kontrahenten sollen sich am Ende die Hand geben und wieder in die Augen schauen können. "Am besten ist es, wenn sich beide die Gebühr von 60 Euro teilen", sagt er und schmunzelt. Das komme gar nicht selten vor.

2014 haben sich 20 Glinder an ihn gewendet. Für einige war er nicht zuständig, andere wollten nur einen Rat. "Aber ich bin kein Rechtsberater", unterstreicht er. Acht "echte" Fälle blieben übrig, die im Schnitt mit fünf bis acht Stunden Arbeit zu Buche schlagen.

"Fünf von ihnen waren ein Erfolg. Ich konnte schlichten. Einer zog zurück und bei zweien gab es nur einen Teilerfolg. Einige der Streitpunkte konnten ausgeräumt werden. Mit den anderen wollten sie tatsächlich vor Gericht", erläutert Schicketanz. Dafür hat er ihnen eine "Erfolglosigkeitsbescheinigung" ausgestellt, die Eintrittskarte ins gerichtliche Verfahren. Schicketanz selbst bezeichnet sich als einem Streit nicht abgeneigt. "Streit gehört zum Leben. Aber ich versuche immer, die Meinung des anderen zu verstehen. Das kann klappen."

Kontakt über Telefon (040) 71 09 78 04