Interview: Stormarns Landrat Klaus Plöger über Pädagogik und Politik, die Asylfrage und seine Pläne

Klaus Plöger (SPD), seit 1998 Landrat des Kreises Stormarn, ist als Chef von rund 600 Mitarbeitern in der Bad Oldesloer Kreisverwaltung und Ansprechpartner von 55 Bürgermeistern an vielen Abenden im Jahr unterwegs: zu politischen Sitzungen, Jahreshauptversammlungen einer der 90 Feuerwehren und anderen Veranstaltungen. Darum ist frühes Aufstehen nicht so sein Ding. Wenn nicht die Amtsleiterrunde ansteht, die 14-tägig um 9 Uhr morgens im Oldesloer Kreishaus tagt, oder unverschiebbare Termine anliegen, beginnt sein Arbeitstag um diese Zeit zu Hause in Barsbüttel. Unsere Mitarbeiterin Barbara Moszczynski traf sich dort mit ihm zum zweiten Frühstück.

Wie starten Sie in den Tag, Herr Plöger?

Klaus Plöger: Ich frühstücke ausgiebig und gesund. In meinem Arbeitszimmer bearbeite ich zuerst die E-Mails. Dann telefoniere ich mit meiner Sekretärin und je nach Themenlage noch mit ein paar anderen Leuten. Wo ich bin, ist eigentlich egal, ich bin ohnehin überall ansprechbar. Meine Termine plane ich blockweise, die ersten meist zwischen 12 und 14 Uhr. Dann kann ich hinterher noch die Lücken nach vorn und nach hinten füllen. Und wenn ich nach Hause gehe, ist mein Schreibtisch meistens leer.

Aktuell steht bei Ihnen die Unterbringung der Flüchtlinge ganz oben auf der Agenda. Die Stormarner Städte und Gemeinden stöhnen aber auch unter den Belastungen von Finanzausgleichgesetz (FAG) und Kreisumlage.

Die Stimmung ist gar nicht schlecht. Unter dem FAG leiden wir alle gemeinsam, denn es kommt vom Land. Zur Kreisumlage: Wir waren über Jahre der einzige Kreis, der Geld vom Bund weitergibt, und die Stormarner Kreisumlage ist jetzt relativ niedrig. Sechs Millionen Euro unseres Defizits aus dem FAG decken wir selbst. Vier Millionen kommen zusätzlich von den Kommunen. Das eigentliche Problem ist, dass Bund und Land bei den Mehrkosten für Kitas und Flüchtlinge nicht ausreichend Geld liefern. Und die Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes müssten, ehe die Menschen auf die Kommunen verteilt werden, die Aufnahmeformalien erledigen, Deutschkurse anbieten und prüfen: Sind sie gesund, könnten sie arbeiten und kommen sie im täglichen Leben hier einigermaßen zurecht?

Die Idee des Kreises, für 116 000 Euro vier halbe Stellen für unterstützende Sprachvermittlung und Beratung zu finanzieren, kommt bei einigen Bürgermeistern nicht so gut an. Bekämen die Kommunen das Geld, das die Landesregierung für die Asylbewerberbetreuung zahlt, lieber direkt ausbezahlt?

Ich würde erst ein Jahr abwarten, was diese freiwillige Leistung des Kreises bringt, die der Sozialausschuss erarbeitet hat, und sie ausprobieren und nicht zerreden. Die Verträge können ohnehin erst zu 2016 gekündigt werden. Ansonsten bin ich für schlanke Lösungen: Wenn es demnächst 95 statt 62 Euro pro Flüchtling pauschal vom Land gibt und wir die auf dann wohl 1500 Flüchtlinge rechnerisch verteilen sollen, ist die Frage, wie man das ohne teuren bürokratischen Aufwand macht. Dazu gibt es Anfang 2015 Beratungen und Gespräche mit den Kommunen.

Sie gelten als Sparfuchs, verzichten auf einen Fahrer und haben dafür gesorgt, dass der Kreis seine Schulden von 49,8 Millionen Euro aus 2008 bis auf 4,8 Millionen Euro abgetragen hat. Welchen Tipp geben Sie Kommunen, die mit ihrem Geld nicht auskommen?

Erstens: Politik und Verwaltung müssen an einem Strang ziehen, egal welche Mehrheiten gerade regieren. Wenn man sich nicht einig ist, gibt es keine neuen Ausgaben. Zweitens: Haushaltssanierung geht nicht von einem Haushalt auf den anderen, sondern dauert rund 20 Jahre. Drittens: Man muss sparen, statt für soziale Wohltaten Geld großzügig auszugeben. Ich rate zur Vorsicht vor freiwilligen Leistungen, die sich jedes Jahr wiederholen und langfristig aufsummieren.

Als bekennender Konsensarbeiter haben Sie schon manche politische Kuh erfolgreich vom Eis geholt, ob bei der Bürgermeisterabwahl in Barsbüttel oder beim Streit um den Feuerwehrstandort in Reinbek. Hilft Ihnen das Pädagogikstudium beim Umgang mit Politikern?

Wir Menschen, egal ob drei oder 80 Jahre alt, ticken alle gleich. Wir wollen gelobt werden und brauchen manchmal eins auf den Deckel. Nicht nur Kinder brauchen Grenzen, Menschen brauchen Grenzen. Die Geschicklichkeit ist, diese so rüberzubringen, dass sie akzeptiert werden. Man muss die Leute mitnehmen, ihnen zuhören und sie machen lassen. Und wenn etwas schiefgeht, muss man das möglichst unter vier Augen miteinander regeln.

Sie sind im September 66 geworden. Wie sehen nach drei Amtzeiten Ihre Zukunftspläne aus?

Ich habe einen spannenden Job. Ob ich den weitermache, hängt auch davon ab, ob der Landtag die Altergrenze von 68 Jahren für Beamte aufhebt. Mitte 2015 entscheidet der Kreistag mit mir gemeinsam, ob und wie es weitergeht. Ich würde auch gern die Nachfolge gemeinsam klären. Mir ist es ja nicht egal, wer neuer Landrat wird.

Sie haben dem SPD-Landtagsabgeordneten Martin Habersaat öffentlich vorgeworfen, er habe sich in Sachen FAG nicht genug für seinen Wahlkreis eingesetzt.

Wir haben ein gutes persönliches Verhältnis. Er hat sich hinter den Kulissen sehr eingesetzt, im Ergebnis war er aber nicht sehr erfolgreich. Ich hätte aus der Einstimmen-Mehrheit mehr Druck aufgebaut. Aber ich will auch keine Karriere mehr machen. Die Frage Landtag stellt sich aber zurzeit für mich nicht.

Sie gehen als Vorstand der Sparkassen-Kulturstiftung Stormarn regelmäßig auf Sommertour, weil Sie wissen wollen, was sich künstlerisch im Kreis so tut.

Kultur ist ein Standortfaktor. Ich gehe lieber auf Ausstellungen oder in Museen, als im Konzert zu sitzen. Da habe ich Bewegungsfreiheit, sehe interessante Leute. Über Bilder zu reden, genau hinzugucken, sie mir zu erschließen, das macht Spaß. In der Sparkassenfiliale in Bad Oldesloe haben wir einen Rundgang auf der Empore zur Galerie gemacht, dort hängen jetzt die Bilder aus dem Besitz der Stiftung. So haben wir die Kultur den Menschen zugänglich gemacht, das finde ich gut.

Wenn Sie ein Kunstwerk schaffen würden, was wäre das?

Künstler gibt es genug, da sollte kein Unfähiger drangehen. Dafür bin ich, glaube ich, auch zu ungeduldig.

Was wollen Sie bis 2016 noch erreichen?

Den hohen Standard in Stormarn halten, was Finanzen, Lebensqualität und Arbeitslosenzahlen angeht. Die Asylfrage gemeinsam mit dem Land und den Kommunen lösen. Beim Tourismus vorankommen, und die Gewerbegebiete, unter anderem in Barsbüttel, Reinbek, Hammoor und Stapelfeld, stehen auch auf der Agenda.