Prozess: Zeugin belastet Amir H. schwer

Seit sechs Wochen wird gegen Amir H. (46) vor dem Landgericht Lübeck wegen Mordes verhandelt. Er soll seinen 29-jährigen afghanischen Landsmann und weitläufigen Verwandten Massoud A. mit mehreren Pistolenschüssen getötet haben. Ein Radfahrer und eine Spaziergängerin entdeckten die Leiche am Morgen des 5. März auf einem Wirtschaftsweg in der Havighorster Feldmark (wir berichteten). Gestern war der bisher wohl schwärzeste Tag für den Angeklagten. Eine 24-jährige Zeugin belastete ihn schwer. "Er hat meinem Freund gestanden, dass er einen Menschen umgebracht hat", sagte Natalie E. Amir H. hat bisher alle Vorwürfe zurückgewiesen. "Alles Lüge", hatte er schon am ersten Verhandlungstag nach der Verlesung der Anklageschrift behauptet.

In der Eimsbütteler Wohnung der Zeugin müssen sich in der Nacht zum 5. März beklemmende Szenen abgespielt haben. "Es war nach Mitternacht, wir lagen schon im Bett, da klingelte das Handy meines Freundes", berichtete die Zeugin, "es war Amir, der Cousin meines Freundes Morteza G. Er fragte, ob er eine Nacht bei uns schlafen dürfte. Morteza zog sich an, ging hinunter und ließ Amir in die Wohnung." Sie selbst habe noch Bettzeug für den Übernachtungs-Gast auf die Couch gelegt, Tee gekocht und frische Handtücher ins Bad gehängt. Amir H. habe einen völlig verstörten und gehetzten Eindruck gemacht. "Er sah richtig fertig aus", erinnerte sich die Zeugin. Die beiden Männer hätten noch eine Weile im Wohnzimmer gesessen, sie sei wieder ins Bett gegangen, "bald darauf kam auch Morteza ins Schlafzimmer und berichtete mir von Amirs Mord-Geständnis", sagte sie.

Nach der Aussage der Zeugin war es für einen Moment totenstill im Gerichtssaal. Die zahlreichen Verwandten des Mordopfers Massoud A. - neun von ihnen treten als Nebenkläger auf - schienen den Atem anzuhalten. Nur der Angeklagte zeigte keine Gefühlsregung, mit scheinbar unbeteiligter Miene saß er neben der Dolmetscherin.

Der Prozess wird am 6. Januar fortgesetzt. Insgesamt sind noch neun Verhandlungstage vorgesehen. Das Urteil soll voraussichtlich am 6. Februar ergehen.