Wohnpark Gleisdreieck - Fronten verhärtet: Anlieger kritisieren weiter Planer und Stadtverwaltung

Wenn Otto Ninnemann vom Balkon seiner Wohnung an der Möllner Landstraße auf das Mühlencenter blickt, sieht er fast kein Grün mehr. Die großen Bäume, die einst am alten Sportplatz standen, wurden für das EKZ gefällt. Die neu gepflanzten müssen noch ein paar Jahrzehnte wachsen, bis sie den Neubau ansatzweise verdecken. Das wird bald auch auf der anderen Seite des Mehrfamilienhauses geschehen. In 20 Meter Entfernung soll dort der "Wohnpark Gleisdreieck" entstehen. Dafür werden auf dem 2,1 Hektar großen, grünen Areal auf 8660 Quadratmetern sieben Wohnblocks mit 153 Wohnungen gebaut. Die Hälfte davon Sozialwohnungen. Otto Ninnemann wird dann, abgemildert durch eine Reihe aus großen Tannen, auf einen viergeschossigen Häuserblock blicken.

Für ihn und die rund 300 Mitglieder der Bürgerinitiative gegen die Wohnbebauung ist das nach wie vor ein Unding: Zu eng, zu viel, zu nah. Sie fürchten mehr Verkehr, Parkplatznot, Baulärm und den Wertverlust ihrer Eigenheime. Auch wenn Bürgermeister Rainhard Zug nicht müde wird zu betonen, dass es vor allem darum gehe, Fördermittel des Landes für den sozialen Wohnungsbau zu bekommen, tragen viele Bürger den Politikern nach, dass diese einem beschleunigten Verfahren für den Bebauungsplan Nr. 42 zugestimmt haben.

"Mich macht das wütend und nimmt mir die Lust, mich politisch zu engagieren", sagte eine Glinderin bei der dritten Bürgerinformationsveranstaltung zum Bauprojekt, zu der Donnerstag rund 130 Anwohner erschienen. Die Fronten bleiben verhärtet, das zeigten die emotionalen Einwürfe "Die Experten sind sich alle einig, die wohnen ja nicht hier, der Bürgermeister auch nicht", rief ein Mann. "Dieser Stadtteil wird nachhaltig versaut", meinte Anwohner Christian Kollat.

Aber es gab auch andere Stimmen. Dass es bei der Bebauung des Gleisdreiecks nicht ganz so schlimm kommen könnte wie befürchtet, zeigen die ersten Planzeichnungen. "Das sieht ja ganz hübsch aus", meinte eine Zuhörerin, und bemängelte, dass nur ein Ausschnitt zu sehen sei. Fakt ist auch: Verwaltung und Politik haben schon eine Reihe an Anregungen der Bürger eingearbeitet. Der Ausgleich der abgeholzten Waldfläche soll nun am Stadtrand, auf einer Fläche nördlich vom Papendieker Redder, im Verhältnis 2:1 erfolgen.

Auch werden die Nachbarn nicht, wie befürchtet, auf Hochhäuser blicken. Die Wohnblocks bekommen drei Geschosse mit Flachdach. Nur an der Möllner Landstraße entsteht ein vierstöckiger Bau. Die Einmündung Am Sportplatz/Möllner Landstraße bekommt zudem einen Kreisel mit 35 Metern Durchmesser, denn durch die neuen Anwohner sind gut 1000 Pkw-Fahrten mehr am Tag (11 000 insgesamt) zu erwarten.

153 private und weitere öffentliche Parkplätze sollten die Parkplatznot mildern. Die nach Baurecht besonders schützenswerten Arten (Vögel, Fledermäuse) bekommen Nistkästen. Und zum viel diskutierten, "toten" Ameisenhaufen am Parkplatz vor dem Wäldchen haben die Planer ermittelt: Er wurde durch dort abgelegte Gartenabfälle zerstört.

"Ein Anwohner brachte es auf den Punkt: "Wie stellt sich für uns und unsere Familien künftig die Werterhaltung, der Spaß und die Freizeit dar?" Hier entstehe ein Mehrwert für Glinde, warb Zug. "Stadtentwicklung hört nicht auf, weil Sie nach Glinde gezogen sind. Aber ihre Freude an ihrem Haus in Glinde werden Sie erhalten."

Ungelöst bleibt das eigentliche Problem: Die Stadt benötigt dringend Wohnungen für Geringverdiener wie Senioren, Alleinerziehende oder junge Menschen in der Ausbildung. Doch von 1900 Sozialwohnungen sind nur noch 600 übrig, weil nur wenige Investoren darauf setzen. Demnächst fallen 400 Prelios-Sozialwohnungen aus der Mietpreisbindung heraus. Die knapp 80 neu geplanten sind da nur ein Tropfen auf den heißen Stein