Kinderschutzbund: 442 kleine Glinder sind betroffen

Auf der Karte des Deutschen Kinderschutzbundes Stormarn (DKSB) leuchtet Glinde tiefrot. Denn in der Stadt lebten im März 2014 insgesamt 442 mittellose Kinder. Bad Oldesloe ist mit 784 armen Kindern trauriger Spitzenreiter. Das sind knapp 15 Prozent aller jungen Glinder, 17,8 Prozent der kleinen Oldesloer. Reinbek (282), Oststeinbek (82) und Barsbüttel (107) schimmern rosa. Weiß - und damit kinderarmutsfrei - sind nur kleine Gemeinden wie Rausdorf, Grande, Hamfelde, Köthel und Hohenfelde.

Diese Grafik passt so gar nicht zu dem Idyll, das sich die Stormarner DKSB-Vorsitzende Birgitt Zabel und DKSB-Geschäftsführer Ingo Loeding für die Präsentation ihres zweiten Armutsatlasses ausgesucht haben. Im Gegenteil: Von 6500 blauen Fähnchen, die Helfer am Sonnabend zum Weltkindertag in die Wiesen vor Schloss Ahrensburg steckten, steht jedes für ein armes Kind im Kreis. Leben tatsächlich 6500 Stormarner Kinder unterhalb der Armutsgrenze?

Loeding räumt ein, dass belastbare Zahlen schwer zu ermitteln sind. "Kinderarmut ist definiert über die Leistungsberechtigten des sogenannten Bildungs- und Teilhabepakets." Anspruch darauf haben etwa Hartz-IV- und Wohngeldempfänger sowie Familien mit Kinderzuschlag und Sozialhilfebezieher", erklärt er. In manchen Teilen Stormarns nehme die Kinderarmut sogar leicht zu.

Beispiel Glinde: Mussten im Januar 2014 schon 433 Kinder von Hartz IV leben, stieg die Zahl bis März auf 442. Im Vergleich zum ersten DKSB-Armutsatlas aus 2009 bleibt der Prozentanteil der Hartz-IV- Kinder in Glinde "stabil". Loeding meint, dass es eine hohe Dunkelziffer gibt. Ein Beispiel: "Wir haben vor ein paar Jahren Umfragen im Kreis gemacht. Die haben ergeben, dass sich Alleinerziehende oft nicht bei der Arge melden, um ihren Lohn aufzustocken, obwohl sie dazu berechtigt wären." In Glinde liege die Kinderarmut tatsächlich doppelt so hoch. Im Kreis sei jedes sechste Kind betroffen - wie vor fünf Jahren.

Nicht alle seien mit dieser Rechnung einverstanden, räumt Loeding ein: "Ich treffe mich bald mit Bürgermeister Rainhard Zug. Er hält die Zahlen für unzutreffend." Dass die DKSB-Darstellung übertrieben sein könnte, weist Loeding hingegen zurück, im Gegenteil: "Seit Oktober 2008 bekommen Kinder nur Sozialgeld, wenn ihre Familien kein Wohngeld erhalten, und durch Veränderungen beim Kinderzuschlag wurde die Anspruchsgruppe erweitert. Demnach fallen mehr als zehn Prozent aus der Statistik der Argen, obwohl sich ihre Situation nicht verbessert hat."

Statistik hin oder her: "Fest steht, dass die Kinderarmut im Kreis konstant hoch ist", sagt Birgitt Zabel. "Wir haben engen Kontakt zu Schulen und Familien. Der Hartz-IV-Regelsatz reicht hinten und vorn nicht." Für den Schulbedarf wären statt der 100 Euro Zuschuss pro Schuljahr 500 nötig. "Wir kennen Familien mit schulpflichtigen Kindern, die am Ende des Monats kein Geld mehr fürs Essen haben."

Zabel und Loeding fordern unter anderem eine Kindergrundsicherung durch den Bund sowie Hilfsfonds der Kommunen.