Urteil: Landsmann mit 15 Messerstichen getötet - Opfer hat Täter häufig gedemütigt und geschlagen

Wie im Blutrausch stach Arsen A. (33) auf seinen russischen Landsmann Albert A. (37) ein. Er traf ihn am Kopf, im Rücken, in der Brust, die Halsschlagader wurde durchtrennt. Das Opfer schleppte sich noch einige Meter und verblutete auf dem Soltausredder in Barsbüttel. Die Gerichtsmediziner zählten 15 Einstiche im Körper des Opfers. Gestern verurteilte das Landgericht Lübeck den Messerstecher wegen Totschlags zu vier Jahren und drei Monaten Gefängnis.

Arsen A. hatte die Tat bei der polizeilichen Vernehmung zugegeben und sich auf Notwehr berufen. Vor Gericht hat er jedoch an allen sieben Verhandlungstagen geschwiegen und sich nur im letzten Wort vor der Urteilsverkündung zu der Tat geäußert. Er sei selbst entsetzt darüber, wie der Streit ausgeartet sei, ließ er über die Dolmetscherin erklären, der Tod von Albert A. tue ihm sehr leid.

Während der Urteilsverkündung saß der Angeklagte mit tief gesenktem Kopf da, wie schon vorher an allen Verhandlungstagen. Es gab keine Tatzeugen, 15 Zeugen konnten allerdings den Streit vor der Tat ausführlich schildern. Daraus und aus den Aussagen des Angeklagten vor der Kripo ergab sich ein sehr genaues Bild der Ereignisse.

"Der Angeklagte befand sich zunächst tatsächlich in einer Notwehrsituation", sagte der Vorsitzende Richter Christian Singelmann in der Urteilsbegründung. Die Ausführungen des Richters klangen über weite Strecken wie eine Verteidigungsrede für den Angeklagten. Albert A. sei in der russisch-tschetschenischen Szene besonders nach Alkoholgenuss als aufbrausend und gewalttätig gefürchtet gewesen. Dabei habe er Arsen A. als bevorzugtes Opfer behandelt, ihn immer wieder beleidigt, geschlagen und sogar ins Gesicht getreten. Direkt vor der Tat sei er mit dem Messer auf Arsen A. losgegangen, er werde ihn "in Stücke schneiden", habe er gedroht.

Arsen A. wehrte sich mit einem Tritt gegen die Hand des Angreifers. Plötzlich hatte er das Messer in der Hand, stach auf Albert A. ein, bis die Klinge abbrach. Die aufgestaute Wut über die Demütigungen und Schläge ließ den sonst eher stillen, zurückhaltenden Angeklagten zum Messerstecher werden, so der Richter.

Nach der Urteilsverkündung beschimpfte die Witwe den Angeklagten auf Russisch. Dann erlitt sie einen Weinkrampf und musste von einer Freundin gestützt werden.