Trickbetrüger in Glinde: Täter erbetteln Spenden unter falschem Vorwand

Mit großen traurigen Augen halten sie Passanten wortlos ein Klemmbrett entgegen. Begriffe wie "Taubstumme", "Arme Kinder" und das Vereinslogo "Handicap International" lassen erahnen: Hier werden Spenden gesammelt. Aus Mitleid drücken viele Spaziergänger den vermeintlich taubstummen Kindern und Jugendlichen einen Schein in die Hand und unterschreiben.

Ein Fehler, wie Kommissar Ingo Zernig von der Glinder Polizei weiß. Denn wer den Aufruf auf dem Dokument genau lese, der würde viele Rechtschreibfehler entdecken - und im Idealfall misstrauisch werden. Wenigstens bei dem letzten Satz "Um Baulichen Anlagen Zu Bauen", sollte den Opfern dämmern, dass es sich hierbei um Trickbetrug per Klemmbrett handelt.

Ein Phänomen, das sich in den vergangenen Jahren in ganz Europa ausgebreitet hat und vor dem jetzt auch die Polizei in Glinde dringend warnt. "Vor allem am Glinder Berg, am Mühlencenter, vor Obi in Glinde und Real in Oststeinbek bekommen wir immer wieder Anrufe von Zeugen, die um eine Spende gebeten wurden", sagt Ingo Zernig. Über zehn Fälle habe er in den vergangenen Wochen registriert. Die Masche ist immer dieselbe, das fahrlässig formulierte Dokument auch. Und immer wieder taucht ein silberner Ford Mondeo auf, wenn die Polizei alarmiert wird. "Offenbar ist immer dieselbe Betrügerbande unterwegs", sagt Ingo Zernig. Festgenommen wurde noch kein Verdächtiger. Zwar sei bundesweit bekannt, dass die Banden fast ausschließlich aus Rumänien stammen. Aber einem professionellen Netzwerk ist die Polizei noch nicht auf der Spur. "Die Banden sind sehr geübt, sie halten sich nur kurz an einem Ort auf und verschwinden dann wieder", erklärt der Polizeikommissar.

Ihre Opfer seien meist ältere, oft gutgläubige Menschen. "Sie lassen sich von dem Schriftzug ;Handicap International' täuschen", sagt Zernig.

Den Verein gibt es tatsächlich. Seit seiner Gründung 1982 in Frankreich setzt er sich für die Belange von Menschen mit Behinderung weltweit ein. Mit den Klemmbrett-Trickbetrügern hat er jedoch nichts zu tun. Eva Maria Fischer, Pressesprecherin von "Handicap International Deutschland" distanziert sich von den Vorfällen. "Unser Verein sammelt keine Spenden auf der Straße. Die Betrüger nutzen den Namen aus, weil er Mitleid erweckt", sagt sie. "Seit über vier Jahren kämpfen wir mit diesem Problem. Wir können nur erahnen, welch großen Schaden dieses Ausmaß des Betrugs unserem Verein zugefügt hat."

Und über das Erbetteln unter falschem Vorwand geht die Masche der Täter in einigen Fällen noch weit hinaus. "Ist ein Passant gutgläubig genug, zückt das Portemonnaie und gibt den Betrügern Geld, wird die Freude groß: Die Täter sehen, dass in der Geldbörse ihres Opfers noch mehr Scheine sind. Aus vermeintlicher Dankbarkeit umarmen sie ihre Opfer überschwänglich und ziehen unbemerkt die restlichen Scheine aus der Börse. Den Betroffenen wird das meistens leider erst viel zu spät bewusst", bedauert Ingo Zernig.