Oststeinbek verzichtet auf neue Hortplätze - in überbelegten Gruppen finden nicht alle Platz

Julia Mai konnte es kaum fassen. "Das ist ein Drama", sagte sie. Wie die Mutter von zwei Kindern ernüchtert feststellen musste, hat Oststeinbeks Gemeindevertretung sich dagegen entschieden, neue Hortplätze in Oststeinbek zu schaffen. Stattdessen sollen bestehende Gruppen überbelegt werden. Das bedeutet: 17 Erstklässler, die von August an eine Nachmittagsbetreuung benötigen, gehen leer aus. Und das obwohl oftmals beide Elternteile in Vollzeit arbeiten.

Bürgermeister Jürgen Hettwer deutete an, dass das Problem auch in den kommenden Jahren bestehen wird: "Die Nachfrage nach Hortplätzen steigt und der zukünftige Bedarf wird auch mit der Fertigstellung der Kindertagesstätte (Kita) am Sportforum, in der im Juni Richtfest gefeiert wird, nicht abgedeckt." Wie Elena Raza von der Verwaltung ergänzte, bestünde jedoch kein Rechtsanspruch auf einen Hortplatz. Zudem fände die Gemeinde auch gar keine Erzieher. Auf zwei ausgeschrieben Stellen hätten sich bislang keine Bewerber gemeldet.

Julia Mai empfand dieses Ergebnis als bitter. 2011 noch hatte sie eine Bedarfszählung mitinitiiert. Als Mitglied im Arbeitskreis aus Eltern und Politikern hatte sie damals eine Lösung für die Knappheit an Hortplätzen erarbeiten wollen (wir berichteten). Nicht zuletzt wegen ihres Engagements konnte Julia Mai dann eine Nachmittagsbetreuung für ihre Tochter ergattern. "Da hieß es, dass das Problem mit dem Neubau der Kita gelöst wird", sagt sie.

Die Diskussion in der Gemeindevertretung war teils durchaus kontrovers verlaufen. Sabine Huß-Reichelt (SPD) betonte, dass die Gemeinde in einer moralischen Pflicht stehe: "Wenn wir junge Familien anlocken, müssen wir ihnen auch Perspektiven für ihre Lebensgestaltung bieten. Ein Hortplatz für Schulkinder gehört heutzutage dazu." Hamburg würde die Nachmittagsbetreuung durch Ganztagsschulen lösen. Darüber müsse Oststeinbek nachdenken.

Hans-Joachim Vorbeck (CDU) entgegnete: "Wir müssen dringend sparen." Wenn Elternvertretungen und die Heimaufsicht zustimmten, dann sei auch eine "Überbelegung pro Gruppe mit fünf Kindern zumutbar". Sabine Huß-Reichelt warnte jedoch: "Das ist eine enorme Belastung für die vorhandenen Erzieher. Wir müssen aufpassen, dass die uns nicht noch abwandern."

Bürgermeister Hettwer gab zu bedenken, dass eine neue Hortgruppe die Gemeinde zusätzlich 43 000 Euro pro Jahr kosten würde. Auch der Vorschlag mit der Ganztagsschule habe einen Haken. Hettwer: "Diese würde den Bedarf nicht zu den Ferienzeiten abdecken." Elena Raza rechnete noch einmal vor: "Im geplanten Neubau sind drei neue Hortgruppen vorgesehen." Eine dieser Gruppen bestehe bereits und werde in "Mobilräumen" betreut. "Eine weitere wird durch die Aufnahme der Kinder des Kiddy-Landes belegt, denn die dortige Hortgruppe von 20 Kindern löst sich nach Fertigstellung des Kita-Neubaus auf." Derzeit würden 34 Hortplätze nachgefragt. Durch Überbelegung bestehender Hortgruppen könne die Zahl der Wartenden auf 17 gesenkt werden. Da für eine neue Gruppe kein Personal vorhanden ist, stimmte auch die SPD mehrheitlich für die Überbelegung.

Da konnte Julia Mai nur den Kopf schütteln. "Jetzt haben die nicht nur 17 Kinder von der Hortbetreuung ausgeschlossen. Nun haben die jüngeren Kinder auch noch immer Vorrang." Einen Anspruch auf eine Hortbetreuung haben nur Kindergarten- nicht aber Schulkinder. Vorhandene Plätze werden zunächst an die Jüngeren vergeben. Julia Mai: "Erstklässler haben in Oststeinbek von jetzt an das Nachsehen."