Schwelle erinnert jetzt an Zwangsarbeiterlager Wiesenfeld

Stolpern, um zu erinnern: Glindes dunkle Seite kann nun nicht mehr in Vergessenheit geraten. Seit gestern gibt es in der Einfahrt zur Straße Eichloh eine Stolperschwelle, die an das ehemalige Zwangsarbeiterlager Wiesenfeld erinnert. "Erinnert Euch - Vergesst niemals. Arbeitslager Wiesenfeld für das Kurbelwellenwerk Hamburg; In Gedenken an die Opfer der Zwangsarbeit 1942-1945" ist auf der bronzenen Schwelle zu lesen. Verlegt hat die Stolperschwelle Künstler und Erfinder Gunter Demnig.

"Hier war der Eingang und hier lebten fast 3000 Menschen unter menschenunwürdigen Verhältnissen", weiß Franca Davia am Ort des Geschehens. Das hat die Zwölftklässlerin der Gemeinschaftsschule Wiesenfeld im Rahmen eines einjährigen Geschichtsprojekts an ihrer Schule herausgefunden. "Unsere Schule ist nicht nur durch den Namen mit dem Lager verbunden, sondern befindet sich auch auf dem Gelände des einst größten Lagers in Stormarn", ergänzt Geschichtslehrerin und Projektleiterin Christiane Langer.

Wie schwierig die Lebensumstände waren, davon berichtete Roberta Ricci. Die 34-Jährige kam stellvertretend für ihren Großvater Luigi Gollo (90), dem die Reise aus Piemont zu beschwerlich war. Von November 1943 bis Mai 1945 hat der Italiener in dem Lager gelebt und als Zwangsarbeiter im Kurbelwellenwerk gearbeitet. "Mein Großvater hatte ständig Durst und Hunger. Um beides zu stillen, hat er vom Feld Rüben gestohlen. Dennoch hegte er nie Groll gegen die Deutschen." Zum ersten Mal von seinem schweren Schicksal erfahren hat Ricci vor zwei Jahren, als Gollo nach 67 Jahren in den Ort seiner Gefangenschaft - nach Glinde - zurückkehrte.

Ein Jahr später begann die Bürgerinitiative gegen Rechts, sich um eine Stolperschwelle zu bemühen, nahm Kontakt zu Gunter Demnig auf, entwarf Flyer und sammelte Spenden. "Wir waren überwältigt von der Spendenbereitschaft der Glinder", sagt Mitinitiatorin Ingeborg Stoller. Schnell waren die benötigten 1300 Euro zusammen.

Die Schwelle setzte Demnig gestern ein, seine bislang achte. Stolpersteine, die im Gegensatz zur Schwelle an das Schicksal eines Menschen erinnern, finden sich hingegen in mittlerweile 980 Kommunen in Deutschland und in 17 Ländern Europas. Davon hat er bislang 45 000 Stück in den vergangenen 17 Jahren verlegt, viel Lob, aber auch drei Morddrohungen erhalten.

Die Stolperschwelle ist ein Weg, um die Vergangenheit nicht zu vergessen, weitere sind ein Wegweiser, der jetzt in Höhe der Schule angebracht werden soll sowie ein Video über die Zeit, das Schüler in den nächsten Tagen online stellen wollen.