Neue Serie: Susanne Dombrowski ist Mutter, Flugbegleiterin und Chefin auf dem Schrottplatz zugleich

Lückenlos kann Susanne Dombrowski die Auto-Modelle aufsagen, die sie schon gefahren ist: Ihr erster, den sie mit 18 Jahren geschenkt bekam, war ein hellblauer VW Käfer. "Da waren die Tankuhr und die Elektrik defekt", erinnert sich die heute 50-jährige Chefin der "Harry Kloss Autoverwertung". "Dann hatte ich einen Karmann Ghia Typ Coupé, der war genauso alt wie ich." Heute fährt sie einen Golf II Diesel. "Ich wechsle meine Autos ganz oft", sagt sie. "Ich sitze ja an der Quelle. Wenn der eine verkauft wird, nehme ich den nächsten."

Für Autos hat sich die Geschäftsfrau mit den gelockten, blonden Haaren schon immer interessiert: Sie erinnert sich, wie sie schon als Vierjährige mit ihrem Stiefvater Harry Kloss auf der Fußgängerbrücke in Hamburg-Mundsburg stand und ihm fehlerfrei alle unter ihnen durchfahrenden Automarken nennen konnte. Sie ist sozusagen auf dem Schrottplatz in Oststeinbek aufgewachsen. "Als mein Stiefvater überraschend starb, war meine Mutter nicht so sicher, ob sie den Betrieb weiterführen sollte", erzählt sie. Dombrowski war damals gerade 18 Jahre alt. Sie war sicher: Sie wollte.

"Nicht sofort, aber mein Herzblut hing an der Firma", erzählt sie. Nach der kaufmännischen Ausbildung arbeitete die junge Frau damals als Flugbegleiterin der Lufthansa. "Das ist ein richtiger Job für kleine Mädchen", sagt sie lächelnd. "Ein schönes Arbeiten zu sehr guten Konditionen. Und ich bin viel rumgekommen." Trotz ihrer fast angeborenen Leidenschaft für Autos, konnte sie diese andere Welt nicht ganz verlassen. Sie wechselt noch immer jeden zweiten Monat die Rolle und fliegt mit der Lufthansa. "Ab und zu ist es auch schön, einmal rauszukommen."

Am Boden ist das Reich der Powerfrau ihr Büro. Zwar hat sie ihr Ohr oft am Herzschlag des Autos: "Wenn ich ungewöhnliche Geräusche höre, kann ich mir schon vorstellen, woran es liegt", erzählt sie. "Ich habe da ein fundiertes Halbwissen." Doch auch wenn sie den Wert der Fahrzeuge, die auf ihren Hof kommen, taxieren können muss: Zum Schrauben fühlt die Kauffrau sich nicht berufen. "Dafür habe ich meine Leute", sagt sie selbstsicher. Insgesamt vier Mitarbeiter beschäftigt sie, einen davon in Teilzeit. "Wir haben etwa 300 Autos auf dem Hof", sagt die Chefin.

Inzwischen entsorgt und schlachtet ihre Verwertung die Fahrzeuge nicht nur aus. Darüber hinaus bietet der Betrieb auch Verkaufsfahrzeuge kurz vor dem TÜV an, erledigt kleinere Reparaturen und jeden Freitagvormittag kommt der Service der Dekra. "Es kommen immer weniger Käufer, die selbst die Ersatzteile ausbauen können", hat Dombrowski beobachtet. "Manche haben wohl Angst, sich die Finger schmutzig zu machen." Aber auch die Kenntnisse seien nicht mehr so ausgeprägt wie noch zu ihrer Jugendzeit - wohl auch, weil die heutigen Autos viel komplizierter sind.

Auch wenn sie in einer Männerwelt arbeitet, hat sich Dombrowski immer akzeptiert gefühlt. "Es war für mich eher ein Vorteil, eine Frau zu sein", sagt sie und ergänzt: "Meine Mitarbeiter sind eher alte Schule." Sie behandeln sie mit Respekt. Ihrer Tochter würde sie jederzeit dazu raten, sich auch in einem Männerberuf selbstständig zu machen. "Für meine Tochter ist eine weibliche Chefin Normalität", erklärt Dombrowski. "Ich habe allerdings Zweifel, ob Frauen für Führungspositionen Schlange stehen."

Denn als Chefin müsse man auch Zugeständnisse an die Freizeit machen: "Mehr als eine Woche Urlaub ist meist nicht drin." Auch von einer Frauenquote hält Dombrowski nichts. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie funktioniere eben nicht immer problemlos. In Dombrowskis Fall half die Selbstständigkeit: "Als meine Kinder noch klein waren, waren sie einfach immer bei mir. Kompliziert wurde es erst mit dem Kindergarten."

Ihre Tochter hat übrigens kein Händchen für Autos. Bei ihrem Sohn (7) ist das ganz anders: Stolz präsentiert die Chefin ein Video, auf dem er schon als Fünfjähriger im Stehen mit dem Radlader auf dem Hof herumkurvt. "Das hat er sich einfach abgeguckt. Jetzt gibt er mir sogar Tipps." Ganz die Mama.