Oststeinbek (voe). Keine leichte Kost, zu der der Kulturring ins Bürgerhaus eingeladen hatte. Schauspielerin Herma Koehn (Ohnsorg-Theater) und Schauspieler und Theaterregisseur Hans Peter Hallwachs (“Fabian“) wagten sich an die Korrespondenz zweier französischer Schriftsteller des 19. Jahrhunderts heran.

Der eine, George Sand, war gar kein Mann, sondern Amandine Aurore Lucile Dupin de Francueil, die sich unter männlichem Pseudonym mehr Erfolg versprach. Der andere war Gustave Flaubert: 17 Jahre jünger und so konservativ, dass er wohl nie gedacht hätte, einer Frau wie Sand näherzukommen. Doch nachdem die beiden sich in einem Pariser Café kennengelernt hatten, entstand eine platonische Liebe. Zwischen 1863 und 1876 schrieben sie sich 422 Briefe über alles, was sie bewegte.

Koehn und Hallwachs trafen den richtigen Ton. Amüsant, wie Koehn die lebensbejahende Begeisterung Sands nachahmte, mit der die Pariser Autorin ihren ewig grantelnden, fast verzweifelnden Einsiedler-Freund in der Normandie aufbaute. Zwar stimmte sie ihm zu, dass viele Menschen oberflächlich seien: "Das unheilbare Elend der Menschheit hat mich seit meiner Jugend mit Bitterkeit erfüllt. Und doch ist Verzweifeln von Übel." Flaubert solle gesellig sein, heiraten, statt Trübsal zu blasen. Der Grübler lehnte dankend ab: "Ich bin zu alt und zu anständig, um meine Person auf Dauer einer anderen zuzumuten."

Geradezu erschreckend seine Vorahnungen: "Die Preußen wollen Paris vernichten, das war immer schon ihr Traum." Und während Sand begeistert über die Demokratisierung schreibt, will Flaubert gar nicht alle an Wahlen teilhaben lassen. Die Menschheit habe drei Entwicklungsstadien: "Heidentum, Christentum, Flegeltum." Leider befinde man sich im Letzteren, wie Hallwachs entsprechend angewidert vorlas. Etwa 60 Gäste hörten konzentriert zu und applaudierten den Vorlesern lange: Dank dafür, dass sie die Worte zweier völlig unterschiedlicher Charaktere wieder zum Leben erweckten.