Bürgerpreis: Leidenschaftlich leitet Erich Kulig ornithologische Wanderungen - seine Frau ist immer dabei

Für ihn ist die Stadt ein rotes Tuch. Erich Kulig liebt die Natur, und wenn es um die Vogelwelt in Glinde geht, ist er der unangefochtene Experte. Der 81-Jährige weiß, wann der Laubsänger aus dem Süden zurückkommt, wo der Trauerschnäpper brütet und wie viel Nachwuchs die Enten auf dem Glinder Mühlenteich haben. An seinem Wissen lässt Kulig interessierte Naturfreunde teilhaben - und das seit 27 Jahren. Denn nach einer überstandenen Krankheit wuchs aus Kuligs Interesse sein ehrenamtliches Engagement.

Stets von April bis Juni leitet der Reinbeker vogelkundlichen Wanderungen. Unzählige Male ist er mit den Teilnehmern - manchmal nur zwei, manchmal 30 - um den Mühlenteich gewandert, die Glinder Au entlang, oder in den Stadtwald. Dann erklärt er, welche Vögel gerade singen und woran man sie erkennt. "Ich habe das absolute Gehör", sagt der Hobbyornithologe, gesteht aber lachend: "Bis 1980 hatte ich von der Vogelwelt keine Ahnung. Ich kannte nur Drossel, Fink und Star."

Bis er an einer vogelkundlichen Führung teilnahm. "Ich war begeistert. Von einer Nachbarin lieh ich mir eine LP mit Vogelstimmen und kaufte mir Bestimmungsbücher." Als die Stadt Glinde einen Vogelkundler suchte, der die Nistkästen betreut, zögerte Kulig nicht. Jährlich reinigte er mehr als 50 Nistkästen, verteilt über das ganze Stadtgebiet.

Dann musste Kulig durch eine Krankheit bedingt seine Arbeit als Versicherungsangestellter aufgeben und früh in Rente gehen. Fortan wollte er auch andere für die Natur begeistern und bot die Vogelkunde-Touren an. Gewissenhaft führte er Buch über das Wetter, die Teilnehmerzahl und die entdeckten Vogelarten. "In diesem Jahr habe ich schon die Misteldrossel singen hören. Das ist sehr früh und liegt sicher am Wetter", meint er. Im Laufe der Jahre sei die Zahl der Besucher bei den Führungen gesunken. "Das ist schade. Heute sind wohl andere Dinge wichtiger. Aber ich denke: Nur wer die Natur kennt, wird sie auch schützen". Einen Großteil seiner Zeit verbringt er unter freiem Himmel. Wenn Kulig eine Radtour macht, gehört das Fernglas stets ins Gepäck. Oft bleibt er stehen, um einen Vogel in der Hecke zu beobachten.

Das erfordert viel Geduld - besonders bei seiner Frau. "Gott sei Dank hat sie mein Hobby immer geteilt", schwärmt Kulig. Denn auch bei den Führungen ist seine Frau Elisabeth an seiner Seite. "Mich hat seine Begeisterung für die Vogelkunde sofort mitgerissen", sagt Elisabeth Kulig. "Deshalb fahren wir viel mit dem Rad umher." Begleitet wird Kulig seit ein paar Jahren auch von Klaus Radun, ebenfalls Vogelkundler. Der Glinder ist Erich Kuligs Nachfolger. "Jetzt werde ich nur wenige Führungen selbst machen. Ich möchte mich ein wenig zurückziehen." Die zweistündigen Wanderungen gingen ihm langsam in die Beine - trotzdem versucht er so oft wie möglich teilzunehmen. Zuvor müssen die Nistkästen gereinigt werden. "Ich schaffe es leider nicht mehr, auf die Leiter zu klettern", sagt Kulig und bittet freiwillige Helfer, sich bei ihm unter der Telefonnummer (0 40) 7 10 70 62 zu melden.

Für sein langjähriges Engagement ist Erich Kulig nun für den Bürgerpreis Bergedorf der Volksbank Bergedorf und der Bergedorfer Zeitung nominiert. Im April wählt eine Jury die Gewinner. Unter bergedorf@bergedorfer-zeitung.de werden noch Vorschläge entgegengenommen.