Interview: Prof. Dr. Ulrich Reinhardt übers Freizeitverhalten

Senioren sind aufgrund des demografischen Wandels eine zunehmend größer werdende Gruppe in der Gesellschaft - mit steigenden Ansprüchen an ihre Lebensumstände. Unsere Reporterin Annett Habermann hat sich mit Prof. Dr. Ulrich Reinhardt, Freizeitforscher und wissenschaftlicher Leiter der Stiftung für Zukunftsfragen in Hamburg, über das Freizeitverhalten von Senioren unterhalten.

Man sagt immer: Rentner haben niemals Zeit. Ist diese Behauptung noch aktuell?

Prof. Dr. Ulrich Reinhardt:

Aktuell haben Ruheständler 5,08 Stunden Freizeit pro Tag. Dieses sind fast 90 Minuten länger als der Durchschnittsbürger. Zwei Drittel der Senioren sind mit diesem Umfang auch sehr zufrieden und lediglich jeder Zehnte beklagt sich über einen Freizeitmangel.

Wie hat sich das Freizeitverhalten der Senioren verändert?

Die Senioren sind heute deutlich aktiver als die Generation vor ihnen. Die meisten von ihnen haben ein Leben lang gearbeitet oder die Familie versorgt, sie leiden finanziell keine Not, sind lebenserfahren und wollen ihren Ruhestand genießen. Neben ihren eigenen Interessen wollen sie sich auch gerne mit der Familie beschäftigen. Wenn jedoch keine Enkelkinder da sind, sind sie woanders aktiv, engagieren sich ehrenamtlich, treffen sich mit Bekannten, besuchen Nachbarn, gehen ins Kino oder Theater.

Welche Rolle spielen die Medien?

Hier zieht sich nach wie vor ein Riss durch die Gesellschaft. Während junge wie alte Bürger gleichhäufig das Leitmedium Fernsehen nutzen, liegen die Senioren beim Lesen von Zeitungen und beim Radiohören vorne. Dagegen sind derzeit lediglich 17 Prozent der Ruheständler wenigstens einmal die Woche online, bei den unter 29-Jährigen sind es 80 Prozent. Was beide Gruppen zunehmend für sich entdeckt haben, ist das Handy - die einen als Kontaktbrücke und für alle Fälle, die anderen zum Posten und um Langeweile zu verhindern.