Stevie Stelling ist europäische Rechtsanwältin - ein Titel, den sie nicht führen darf

Das Handy auf ihrem Schreibtisch surrt, während sie eilig eine Kurznachricht auf ihrem anderen Telefon tippt. Stevie Stelling hat zwei Mobiltelefone - ein deutsches und ein spanisches. Die 28-Jährige jettet seit einiger Zeit zwischen Deutschland und Spanien hin und her, wechselt von der deutschen zur spanischen Sprache, vom spanischen zum deutschen Recht. Stevie Stelling aus Glinde ist Abogada, übersetzt aus dem Spanischen: Rechtsanwältin.

Und als solche will sie nun nicht mehr nur wie bereits seit drei Jahren in Denia an der Ostküste der iberischen Halbinsel arbeiten, sondern auch in Deutschland. "In Spanien ist die Krise überall spürbar. Die Stimmung ist schlecht, es herrscht große Arbeitslosigkeit. Oft muss ich mit meinem Honorar runtergehen, manchmal zahlen die Klienten gar nicht. Ich arbeite viel, aber die Einkünfte decken gerade so die Kosten", erzählt Stelling. Die gebürtige Deutsche ist im Alter von zwei Jahren mit ihren Eltern nach Spanien gegangen, dort aufgewachsen, hat ihr Abitur abgelegt und in Valencia "derecho" (Recht) studiert. Mit 25 Jahren wurde sie dort als eine der jüngsten europäischen Rechtsanwältinnen zugelassen.

Im Dezember vergangenen Jahres erhielt sie nun auch ihre Zulassung an der Rechtsanwaltskammer Schleswig-Holstein - als europäische Rechtsanwältin - und eröffnete an der Dorfstraße in Glinde eine Kanzlei. Ein schwieriger Start: "Ich darf leider nicht mit dem Titel europäische Rechtsanwältin werben, sondern nur mit dem Titel Abogada - doch das sagt einem hier in Deutschland natürlich nichts. Und es ist schwer, Fuß zu fassen", hat sie die Erfahrung gemacht.

Denn für Stelling gilt das Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG). Danach darf sie zwar auf dem Gebiet des deutschen Rechts rechtsberatend tätig sein. Allerdings gibt es Einschränkungen - vor allem bei gerichtlichen und behördlichen Verfahren wegen Straftaten, Dienstvergehen, Ordnungswidrigkeiten oder Berufspflichtverletzungen. Dabei muss ein europäischer Rechtsanwalt nach EuRAG von einem deutschen Rechtsanwalt unterstützt werden.

"Das ist jetzt ganz schön hart für mich, denn in Spanien bin ich seit drei Jahren anerkannte, eigenständige Rechtsanwältin mit eigener Kanzlei und zahlreichen Fällen im Familien-, Miet- und Strafrecht - mit erfolgreichen Abschlüssen." Stelling will sich nun die Anerkennung und Ausübung ihres Berufes erkämpfen - mit Praxiserfahrung in Deutschland. Denn erst, wenn sie drei Jahre lang "regelmäßig und effektiv" in Deutschland auf dem Gebiet des deutschen Rechts gearbeitet hat, darf sie sich auch hier offiziell Rechtsanwältin nennen.

Sie ahnt, dass es kein leichter Weg wird. Einige Bewerbungen an deutschen Kanzleien sind bereits gescheitert. "Deshalb zunächst die Selbstständigkeit auch in Deutschland. Es ist schade, dass einem hier so große Steine in den Weg gelegt werden. Und man davon ausgeht, dass ich vom deutschen Recht keine Ahnung habe", sagt Stelling, die mit dem Handy einen neuen Termin in Denia vereinbart. Morgen geht's für zehn Tage zurück nach Spanien - zum Arbeiten. "Die Kanzlei läuft dort weiter. Doch ich hoffe, dass ich auch hier in Deutschland bald mehr arbeiten kann." Vier Mandanten berät sie bereits. "Aber es dürfen gern mehr werden."