Lärmschutz in der Warteschleife

Für die Bewohner der Straße Stübenkoppel war es bitter. Im Vorfeld der Bauausschusssitzung hatten sie sich nicht nur die Rückendeckung aller Politiker, sondern auch die Präsentation eines Gutachtens erhofft. Das hätte zumindest die Dringlichkeit für den Neubau der Lärmschutzwand an der Kreisstraße 80 belegen sollen. Diplom-Ingenieur Björn Heichen von "Lairm Concept" konnte jedoch nur einen Bericht liefern. Und der ließ offen, ob die bestehende Lärmschutzwand einer Sanierung oder eines Neubaus bedarf. Darüber hinaus konnte Heichen nicht klären, wer dafür zuständig ist - der Kreis Stormarn oder die Stadt Glinde.

"Die wichtige Frage, wer eine neue Lärmschutzwand zahlen müsste, steht somit im Raum", resümierte Wolf Tank (Grüne). Auch deshalb sieht Bürgermeister Rainhard Zug keinen Weg für eine schnelle Lösung. Die "Stübenkoppeler" müssen auf nicht absehbare Zeit weiter mit dem Lärm leben.

Der Grund für den Kuddelmuddel liegt in der Vergangenheit. Die Lärmschutzwand, die 1982 fertiggestellt wurde, ist offensichtlich "Pfusch am Bau": Laut Heichen entspricht sie nicht den Ausführungen im Prüfzeugnis: "Wesentliche, schalltechnisch wirksame Bestandteile konnten wir nicht vorfinden." Anstatt einer Zementplatte von zehn bis zwölf Millimetern Dicke habe man etwa eine Asbest-Zement-Kombination von nur acht Millimetern vorgefunden. Eine weitere, 50 Millimeter dicke Schicht, die im Prüfzeugnis ausgewiesen sei, fehle ganz. Heichen: "Weiterhin ist die Wand höher als im Gutachten aus dem Jahr 1980 vorgesehen, und im Süden ist sie sogar 135 Meter länger." Die Mängel und vorhandene Bauschäden kann dies jedoch nicht ausgleichen.

Das Prüfzeugnis habe zudem nur dem Bauantrag beigelegen, nicht aber der Ausschreibung. Wer für die Instandhaltung der Lärmschutzwand zuständig sei, könne aus dem Vertrag zwischen Kreis und Stadt aus dem Jahr 1981 auch nicht eindeutig ersehen werden. Heichen: "Die Vereinbarungen wurden damals freiwillig, ohne Anerkennung von rechtlichen Verpflichtungen getroffen." Offenbar wurden "aus gegenseitiger Rücksichtnahme" Zuständigkeiten hin- und hergeschoben. Der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan stammt bereits aus dem Jahr 1973. "Zu jener Zeit gab es noch keine schalltechnischen Berechnungen zum Lärmschutz", so Heichen.

Der Sachverständige stellte Berechnungen für die Stübenkoppel vor. Sie basieren auf Messungen von 2010. "Auch wenn wir zugunsten der Anwohner rechnen, können wir nach den Zielvorgaben der 80er-Jahre zwar eine erhöhte, aber keine deutlich erhöhte Immissionsüberschreitung feststellen", erläuterte der Ingenieur. Es müssten mehr Fakten her, um aus dem Sachstand ein Gutachten zu machen.

Mitglieder der Bürgerinitiative (BI) "Lärmschutz K 80" zweifelten die Messungen an. Denn an einem Tag sei die Autobahnabfahrt gesperrt gewesen und an dem anderen soviel Schnee gefallen, dass nur wenige Fahrzeuge fuhren. Da aber auch eine erneute Messung aus dem Jahr 2012 keine höheren Werte lieferte, entgegnete Heichen nur: "Natürlich kann man jeden Messtag anzweifeln."

Die BI-Mitglieder forderten Bürgermeister Zug auf, tätig zu werden: "Seit drei Jahren sind wir uns einig, dass Handlungsbedarf besteht, aber nichts geschieht!" Der Ausschuss stimmte schließlich Zugs Beschlussvorschlag zu. Demnach soll die Verwaltung bis zum Bauausschuss am 13. März einen Zeit- und Kostenplan für den Lärmschutz nach aktuellem Standard in der Straße Stübenkoppel aufstellen und die planerischen Grundlagen des Bebauungsplans prüfen. Zug will zudem einen Juristen beauftragen, Licht ins Dunkel der aufgedeckten Widersprüche zu bringen.