Honeywell: Unternehmen will sein Bremsbelaggeschäft für 155 Millionen Dollar verkaufen

Hinter den Werkstoren von Honeywell herrscht Unsicherheit. Die rund 950 Mitarbeiter in Glinde wurden in diesen Tagen über den Verkauf des Bremsbelaggeschäftsbereichs für Automobil- und Industrieanwendungen des amerikanischen Konzerns informiert. Zu der Geschäftseinheit Honeywell Friction Materials mit Hauptsitz in Glinde gehören auch erst vor Kurzem in China und Rumänien eröffnete Produktionsstätten. Die Sparte soll an den amerikanischen Automobilzulieferer Federal-Mogul für 155 Millionen Dollar verkauft werden.

"Für uns kam das alles zum jetzigen Zeitpunkt sehr überraschend. Bereits zwischen 2000 und 2005 sollten wir verkauft, verschenkt und wieder verkauft werden. Damals wäre das für uns keine Überraschung gewesen, wenn es so gekommen wäre. Zwar wissen wir alle seit vielen Jahren, dass wir bei Honeywell absolut unbeliebt sind, aber dennoch hat zum jetzigen Zeitpunkt damit keiner gerechnet", sagte der Betriebsratsvorsitzende Michael Petersen unserer Zeitung. "Jetzt ist die alles beherrschende Frage: Wie geht es weiter mit unseren Arbeitsplätzen?"

Erst vor wenigen Monaten eröffnete der amerikanische Konzern in Rumänien eine der beiden neuen Bremsbelag-Fabriken nach neuesten technischen Standards, kurz nachdem eine Fabrik in Frankreich geschlossen worden war.

Laut Betriebsrat in Glinde, ist für die Zukunftsfähigkeit des Standortes in Glinde entscheidend, ob Investitionen in eine neue Fertigungstechnologie erfolgen oder nicht. Wie Federal-Mogul mit dem Standort Glinde verfahren wird - sofern der Verkauf durch die Europäische Wettbewerbskommission bewilligt wird - ist unklar. Bereits seit Jahren soll die GmbH in Glinde rote Zahlen schreiben.

Daraus machte auch der Glinder Honeywell-Chef Jörg Ennen Ende 2012 im Interview mit unserer Zeitung kein Geheimnis. Weil Preise für Rohstoffe, Energie und Material steigen, "war das operative Ergebnis für 2011 nicht positiv", sagte er damals. Der Markt habe sich zugunsten aufstrebender Länder wie Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika verschoben.

Die Frage wird also sein, investiert Federal-Mogul in den Standort in Glinde oder war es lediglich ein strategischer Schachzug, um sich selbst die Position als größter Bremsbelag-Hersteller weltweit zu sichern? Das dürfte auch die Frage sein, die den rund 950 Beschäftigten in Glinde durch den Kopf geht. Betriebsratsvorsitzender Michael Petersen bezeichnete die Verkaufssumme von 155 Millionen Dollar als "überraschend niedrig". Für ihn steht fest, dass Honeywell endlich einen Käufer für einen Geschäftsbereich gefunden hat, den das Unternehmen nicht mehr zum Kerngeschäft zählt. Bereits vor zehn Jahren versuchte der bisherige Konkurrent Federal-Mogul den Geschäftsbereich von Honeywell zu übernehmen. Der Verkauf scheiterte jedoch. Ebenso wie etwa die Fusion mit General Electric, die die europäischen Wettbewerbshüter aus Brüssel im Jahr 2001 stoppten. Die Geschäftsführung in Glinde wollte sich zum Verkauf an Federal-Mogul nicht äußern. Mit einer Entscheidung der Europäischen Wettbewerbskommission wird in der zweiten Jahreshälfte gerechnet. Bis dahin werde Honeywell laut Pressemitteilung aus den USA im Bremsbelaggeschäft weiterarbeiten wie bisher.