Hahn im Korb: Karl Knickelbein kriegt sich mit Frauen in die Wolle: Er lernt bei der Volkshochschule stricken

"Das ist doch verrückt, völlig verrückt", ruft Karl Knickelbein ebenso begeistert wie verwundert. Zwei rechts, zwei links, ein Umschlag, zwei zusammenstricken - fertig. "Wechselt man linke und rechte Maschen entstehen interessante Muster", stellt er fest und strickt munter weiter. Ja, richtig: Karl Knickelbein, 69 Jahre alt, strickt. Dass er als Mann ein traditionelles Frauenhobby lernt, findet der Rentner aus Billwerder überhaupt nicht ungewöhnlich. Das glaubt man ihm aufgrund seiner herzlichen Art sofort. In seinem Strickkursus der Volkshochschule (VHS) bei Gunilla Hinderer im "Wollgefühl" an der Mühlenstraße ist er jedoch ganz offensichtlich noch der Quotenmann, das kann er nicht leugnen.

Allein auf die Frage, wie er von den anderen Teilnehmerinnen an seinem ersten Tag aufgenommen wurde, beginnen eben diese zu kichern. "Ein bisschen ungewohnt war es schon", gesteht Antje Jahns aus Glinde. "Aber es ist wirklich toll, dass wir auch einen Mann in unserem Kreis haben", findet die 70-Jährige. Auch Kursusleiterin Hinderer ist begeistert vom Hahn im Wollkorb: "Ich habe schon oft erlebt, dass sich die Männer teilweise nicht in mein Geschäft trauen, weil ihnen das zu weiblich vorkommt. Schön, dass jetzt einer als gutes Vorbild vorangeht."

Dass sich auch deutschlandweit immer mehr Männer für Handarbeit begeistern, beweisen so genannte "Internet-Blogs" wie "maleknitting.de" (zu Deutsch: Männerstricken), auf denen junge wie ältere Herren ihre neuesten Werke und Ideen präsentieren. Ob es um ein neues Mützchen für den kleinen Sohn, oder den Pullover zu Weihnachten geht - munter wird online über die besten Techniken diskutiert.

Für den Noch-Anfänger Knickelbein ist es in Glinde bereits die neunte Unterrichtsstunde und stricktechnische Worte wie "Anfangs- und Endmasche" sind ihm nun nicht mehr fremd. Zu Beginn sei das anders gewesen. "Man hat ja keine Ahnung, wenn man noch nie gestrickt hat", erzählt der 69-Jährige belustigt. "In der Theorie klingt immer alles ganz einfach, aber anspruchsvoll ist es schon - am Abend nach dem ersten Kursustag hatte ich schon beinahe einen Tennisarm", gibt er lachend zu.

Völliger Anfänger ist er jedoch nicht. Bereits in einem Schneiderkursus mit seiner kleinen Tochter habe er vor zwanzig Jahren die Fäden in der Hand gehabt. "Und vor ein paar Jahren hatte meine Frau sich für einen Kursus zum Anfertigen von Teddybären angemeldet und sich dann erkältet - da bin ich kurzerhand eingesprungen", erzählt Knickelbein aus dem Nähkästchen. Bereits während seines Studiums habe er einen Kursus zur Drucktechnik der Lithografie belegt und das einige Jahre später wiederholt. Aber woher kommt bei ihm die ausgeprägte Woll-Lust? Beruflich jedenfalls hat Knickelbein etwas ganz anderes gemacht, er ist Diplomingenieur für Bauwesen.

"Mich begeistern alle Handarbeiten, es ist doch schön so ein Produkt vor sich liegen zu haben, das man selbst gefertigt hat", sagt Knickelbein. Und weil er viel Freizeit habe, musste in diesem Winter dringend ein neues Hobby her. Prompt schrieb sich der 69-Jährige bei dem VHS-Kursus von Gunilla Hinderer ein und sitzt seitdem jeden Montagvormittag munter neben den anderen sechs "Schülerinnen" und strickt was das Zeug hält.

Ob er seiner Familie heute an Heiligabend selbst gestrickte Socken schenken werde? "Nein, Socken sind wirklich schwierig - das ist mein Fernziel." Zunächst, sagt Knickelbein, würde er sich über etwas Gestricktes von seiner Frau freuen. Am 31. Dezember, an Silvester also, feiere er schließlich seinen 70. Geburtstag.