Afrikaner in Glinde meiden Hansestadt

Erschrocken reagierten am Wochenende Mitglieder der Bürgerinitiative Glinde gegen rechts und der Islamischen Gemeinde auf die plötzlichen Festnahmen mehrerer afrikanischer Flüchtlinge in Hamburg. Bereits am Freitag hatten Polizeibeamte in der Hansestadt damit begonnen, gezielt Schwarzafrikaner zu überprüfen. Konnten sie keinen Ausweis und Aufenthaltsgenehmigungen vorweisen, wurden sie von den Beamten in Gewahrsam genommen und erkennungsdienstlich behandelt. Trotz Protesten ging die Polizeiaktion am Wochenende weiter. "Die Art und Weise, vor allem aber der Zeitpunkt, kurz nach der Bootskatastrophe vor Lampedusa, ist vollkommen unangemessen", kritisiert Niels Brock, Sprecher der Bürgerinitiative. Die Gruppe engagiert sich seit Monaten für die in Glinde lebenden Flüchtlinge.

Europaweit gebe es derzeit eine tiefe Betroffenheit nach der humanitären Katastrophe nahe der italienischen Mittelmeerinsel. Weshalb Hamburgs Innenbehörde nun so hart durchgreife, sei nicht nachvollziehbar. "Die Flüchtlinge sind seit Monaten in Hamburg. Das plötzliche Vorgehen, kurz nachdem so viele Menschen vor der Küste Lampedusas ums Leben gekommen sind, ist unmöglich."

Auch die Sorge um die seit Juni in Glinde lebenden Flüchtlinge ist bei der Bürgerinitiative und der Islamischen Gemeinde, die Anfang Juni 13 afrikanische Männer auf Hamburgs Straßen auflas und ihnen Obdach gewährte, groß. "Wir verfolgen die Geschehnisse und sind sehr erschrocken darüber. Wir haben den Jungs gesagt, dass sie vorerst auf gar keinen Fall nach Hamburg fahren, sondern in Glinde bleiben sollen", sagt Mustafa Tepe, Vorstandsmitglied der Glinder Moschee. Noch immer leben dort sechs der Männer. Fünf der Flüchtlinge sind seit Mitte September in einer Obdachlosenunterkunft in Glinde untergebracht.

Brock hofft, dass die schleswig-holsteinischen Behörden anders mit den Flüchtlingen in Glinde verfahren. Denn die Männer hatten sich Anfang September offiziell bei der Stadt gemeldet und ihre Identitäten offengelegt, damit ihr Aufenthaltsstatus beim Kreis Stormarn geklärt werden kann. Noch aber steht nicht fest, ob sie ein längerfristiges Aufenthaltsrecht bekommen. Die Ausländerbehörde prüft derzeit die Anträge.