Familie Maatz gastiert mit ihrer Puppenbühne und Geschichten rund um den Kasper ab heute in Glinde

Vorsichtig drapiert Heiko Maatz etliche große Handpuppen auf der kleinen, liebevoll gestalteten Holzbühne. "Museum" steht in geschwungenen Lettern auf dem Baldachin über der Puppenparade, in die sich Kasper, der Räuber Hotzenplotz, das Krokodil Ferdinand, der Riese Goliath, die Gretel, der große böse Wolf, Pinocchio und viele mehr eingereiht haben. Maatz hat sie sich schon alle einmal über die Hände gestülpt und mit ihnen Geschichten erzählt, die Kinderaugen zum Strahlen, Staunen und Zwischenrufen gebracht haben.

Bereits zum zweiten Mal ist die Puppenbühne Maatzony zu Gast in Glinde. Der TSV hat sie erneut auf sein Gelände geholt, weil viele Glinder so begeistert waren.

Mit ihrer Puppenbühne zieht die Familie Maatz aus Nordrhein-Westfalen seit vier Jahren durch das Hamburger Umland; reist von Ort zu Ort, schlägt alle paar Tage in einer anderen Stadt ihr blaues Zirkuszelt auf, das Platz für 250 Zuschauer bietet. Im Schlepptau: Der große Wohnwagen des Ehepaars Maatz und die eigenen Wagen ihrer Kinder Romano, Geraldine und Lennox. Nur der älteste Sohn, Adriano, reist schon seit einigen Jahren nicht mehr mit. "Die Puppen waren nicht seine Welt. Er ist Feuerschlucker beim Zirkus "Zaretti", erzählt Mutter Monique Maatz, die im gemütlich eingerichteten Elternwohnwagen gerade frischen Kaffee aufsetzt.

Auf dem Küchentisch liegen ein Terminkalender und Zettel mit etlichen Telefonnummern und zahlreiche Flyer. Mutter Maatz organisiert die neuen Spielstätten, sichert Auftritte für die kommenden Wochen. "Das wird gegen Jahresende, wenn es wieder viel regnet und viele Plätze matschig werden, immer schwerer. Für November fehlen uns noch zwei Orte", erzählt die 46-Jährige, die ebenfalls aus eine Schaustellerfamilie kommt und ihren Mann Heiko vor 28 Jahren auf einer Kirmes kennenlernte.

"Und nun raus mit euch, Werbung machen", treibt sie ihre Jungs an, die sofort reagieren, sich die Flyer schnappen, die sie kurze Zeit später hinter Glinder Autoscheibenwischer stecken werden, in Geschäften auslegen. Alltag. Ein "normales" Leben kann sich Romano Maatz gar nicht vorstellen. "Das ist meine Welt. Wir haben schon lange kein Haus mehr. Hin und wieder ziehen wir zwar, wenn der Winter sehr kalt wird, für ein paar Wochen in eine Wohnung. Aber ich bin immer froh, wenn wir wieder mit den Wagen und dem Zelt unterwegs sind", sagt der 21-Jährige, obwohl er bei einem Wohnwagenbrand vor 20 Jahren fast ums Leben gekommen wäre. Noch heute ist sein Gesicht vernarbt. "Ich kenne mich nicht anders und auch kein anderes Leben. Das Schaustellersein ist eine Freiheit, die ich nicht aufgeben würde, für kein Geld der Welt."

Seinem Vater zaubern seine Worte ein zufriedenes Lächeln auf die Lippen. "Er ist dafür geboren. Auch für die Puppen. Es ist gut zu wissen, dass er das Familienunternehmen irgendwann weiterführen wird", sagt Heiko Maatz ein wenig stolz. Denn das Puppentheater ist seit 1825 in Familienhand. "Ich bin die siebte Generation. Wir sind eine uralte Gauklertruppe", ruft Romano von der "Museums"-Bühne und kramt einen blauen Holzmann aus dem Puppenberg. Der Zauberer Petrosilius Zwackelmann ist mit seinen 90 Jahren die älteste Puppe im Fundus. "Mit der Puppe hat schon mein Urgroßvater Paul Maatz gespielt", sagt Romano, der das Spielen von seinem Vater lernte.

Früher sei das Spiel noch ein ganz anderes gewesen, weiß Heiko Maatz. "Das war eine andere Zeit, eine andere Gesellschaft, ein anderes Publikum." Da sei der Kasper noch ein Haudegen gewesen, der nach Zuschauerzurufen mit seinem Knüppel auch ordentlich austeilte. "Da ist mal das Krokodil, dann der Polizist verdroschen worden, sogar die Oma hat 'nen Klaps auf den Po bekommen - heute ist das nicht mehr denkbar. Da gäbe es einen Aufschrei", sagt Maatz-Senior, der in seiner ersten Zeit noch vor älteren Kindern und Erwachsenen spielte.

"Heute kommen sehr kleine Kinder. Auch der böse Wolf ist deshalb nur noch selten auf der Bühne", erklärt Maatz und stülpt sich das graue Raubtier mit den langen spitzen Zähnen über die linke Hand. Nur im Altenheim, da sei er immer noch beliebt. "Da spielen wir manchmal noch wie früher. Und dann werden 80-Jährige wieder zu Kindern." Nun aber wollen die Maatz's zehn Tage lang für kleine Leute spielen. Sechs Geschichten rund um den Kasper - ein schlauer Schelm, der auch ganz gewiss keinen Polizisten und keine Oma haut.