Stars lesen: “Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg“

Ganz ernst zu nehmen ist sein Jammern nicht. "Worauf hab ich mich da nur eingelassen?", seufzt Jörg Schüttauf, rauft sein silbriges Haar und schüttelt den Kopf. Gemeint ist die Inszenierung des Buches "Der 100-Jährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand" von Jonas Jonasson. Am 13. Oktober feiert das gleichnamige Theaterstück in Hamburg seine Uraufführung. Am Montagabend bekamen die Glinder schon einmal eine Leseprobe davon in der Mühle zu hören.

Nicht nur die Maskenbildner stehen für die Bühnenfassung des Stücks vor einer schwierigen Aufgabe - sie müssen den jugendlich daher kommenden Schüttauf (51) in einen Greis verwandeln. "In dem Stück fliegen Autos in die Luft", beschreibt der Hauptdarsteller weitere Herausforderungen. "Und einen Elefanten haben wir auch noch nicht." Das klingt nach einer kuriosen Geschichte. Und wie die Glinder erfuhren, ist diese auch äußerst skurril.

Schüttauf, den viele noch als den in Frankfurt ermittelnden Tatort-Kommissar Fritz Dellwo kennen, las gemeinsam mit seinem Kollegen Holger Umbreit ("Notruf Hafenkante", "Die Rettungsflieger").

Die beiden waren bestens aufgelegt. Als Schüttauf mit dem Roman Bekanntschaft machte, war er sofort begeistert. "Das muss auf die Bühne", habe er sich gesagt. Die Geschichte des aus dem Altersheim ausgebüxten Allan Karlsson und seiner Flucht quer durch Schweden ist turbulent: Illegale Aktionen und Abenteuer mit der schönen Elefantenbesitzerin Gunilla Björklund sowie deren Elefant "Sonja" kommen ebenso vor wie Abstecher in die Weltgeschichte.

"Das ist doch nicht so einfach auf die Bühne zu bringen, wie ich mir das ursprünglich gewünscht hatte", so Schüttauf. "Deshalb begeben wir uns auch noch zusätzlich auf Lesereise", witzelte er. Mit seinen Einlagen hatte er die Lacher auf seiner Seite: Ob er nun zur Betonung einer Szene mit Umbreit zusammen synchron auf den Tisch hämmerte oder mit einem Seitenhieb auf seine Tatort-Rolle erklärte: "Im nächsten Kapitel kommt der Kommissar ein bisschen spät - aber das kennt man ja."

Dass Schüttauf und Umbreit so kurz vor der Premiere noch in Glinde Station machten, war Dramaturgin Sonja Valentin zu verdanken. Sie arbeitet an der Bühnenfassung mit und unterstützt Textbuchschreiber Axel Schneider. Als Glinderin ist sie auch treue Kundin von Rita Freys Bücherkate. Sie überzeugte die Stars, zum 30-jährigen Bestehen der Buchhandlung in Glinde zu lesen. "Jörg Schüttauf war zuvor noch nie in Glinde gewesen", so die Dramaturgin. "Aber dann habe ich erzählt, dass Samuel Beckett auch schon hier war - da hat er sofort zugesagt." Der Heimat- und Bürgerverein stellte die Mühle. Schüttauf signierte nach der Lesung noch Bücher. "Das war ein toller Abend", bestätigten die Zuhörer, die für ihre persönliche Widmung Schlange standen.