Aktionswoche im September: Tägliche Mahnwache vor dem Laden sucht Unterstützer

Der braune Rollladen ist halb heruntergelassen, das Ladenschild mit der Aufschrift "Tønsberg" ist bekleckst mit weißer, roter und schwarzer Farbe, an der gelb geklinkerten Hauswand prangt mit weißen Lettern "Nazis raus". Und vor der Ladenzeile am Glinder Berg steht eine kleine, bunte Gruppe mit Transparenten, Trillerpfeifen und Megafon. Auch gut zwei Jahre nach der Eröffnung des "Tønsberg"-Modeladens, der die in der rechten Szene beliebte Marke "Thor Steinar" verkauft, hält die Bürgerinitiative "Glinde gegen Rechts" ihre tägliche Mahnwache vor dem Geschäft aufrecht. Noch immer wird jeder Kunde ausgepfiffen, angebuht und darüber aufgeklärt, was drinnen verkauft wird - bei Wind und Wetter.

Zwei Jahre Widerstand wollen die Bürgerinitiative "Glinde gegen Rechts" und das Parteienbündnis nun mit einer bunten Aktionswoche gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus feiern. Vom 14. bis 21. September sind unter anderem Lesungen, Konzerte und ein internationales Schachturnier geplant. Die Veranstaltung wird finanziell aus dem Programm "Toleranz fördern, Kompetenz stärken" des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterstützt.

Auftakt der Protestwoche ist eine Demonstration am Sonnabend, 14. September. Der Zug setzt sich gegen 12.30 Uhr vor der Marktpassage über die Möllner Landstraße zum Glinder Berg "mit allem was Lärm macht" in Bewegung. Am Montag, 16. September, will die Initiative vor dem Modeladen eine "Entsorgungsstation für Nazikleidung" einrichten. Ab 17 Uhr werden unter dem Motto "Der Dreck muss weg" Klamotten mit rechtsradikalen Aufdrucken in eine Tonne geworfen. "Schachmatt den Nazis" heißt die Aktion am Mittwoch, 18. September, am Glinder Berg. Ab 17 Uhr wird vor dem Modeladen ein langer Tisch aufgestellt, auf dem Schachbretter aufgebaut werden.

Höhepunkt der Aktionswoche ist ein Konzert mit Esther Bejarano und der "Microphone Mafia" am Sonnabend, 21. September, auf dem Glinder Marktplatz. Die bereits 88-Jährige spielte einst im Mädchenorchester im Konzentrationslager in Auschwitz. Heute rappt sie gemeinsam mit den Kölner Rappern gegen Rechts. Mit ihrer Musik will sie an den Vernichtungswahn der Nationalsozialisten im Dritten Reich und ihre Opfer erinnern. Das Konzert beginnt um 20 Uhr. Der Eintritt ist frei. Bereits um 19.30 Uhr liest Bejarano aus ihrem Buch "Erinnerungen. Vom Mädchenorchester in Auschwitz zur Rap-Band gegen Rechts".

Die Aktionswoche ist eine von zahlreichen Veranstaltungen, die die Bürgerinitiative in den vergangenen zwei Jahren auf die Beine gestellt hat. Für ihr Engagement wurde sie vor allem für ihre tägliche Mahnwache unter anderem mit dem Olof-Palme-Preis ausgezeichnet.

Doch die Protestgruppe vor dem Geschäft ist in den vergangenen Monaten kleiner geworden. "Es kommen leider nicht mehr jeden Tag so viele Leute wie noch zu Beginn, manchmal kommen zehn, manchmal aber auch nur zwei", weiß Wolf Tank von den Glinder Grünen. Aber dennoch gibt es auch neue Gesichter unter den Widerständlern. Seit sechs Wochen zeigt auch der Jurist Jürgen Neff Engagement gegen Rechts: "Auch wenn rechtlich nichts mehr gegen den Laden unternommen werden kann, ist es wichtig, den Protest aufrecht zu erhalten - er ist keineswegs nur symbolisch. Er macht die Menschen darauf aufmerksam und schafft Bewusstsein, dass diese Art Verkauf und Gesinnung hier nicht gewollt ist."

Die Vermieter des Geschäftes waren im vergangenen Jahr mit ihrer Räumungsklage gegen die Firma Bestmarke Textil GmbH in Mittenwalde (Brandenburg) gescheitert. Der Mietvertrag wurde im September 2011 über einen Zeitraum von fünf Jahren geschlossen. Ob der Protest so lange und in welcher Stärke anhalten wird, wird sich zeigen. Tank: "Sicher müssen wir uns darüber unterhalten, ob es noch täglich Sinn macht, zu demonstrieren. Aber dass es weitergehen wird, stellt niemand infrage."