Schuldnerberatung: Kaufsucht wird verstärkt zum Thema - Viola B.* schafft den Ausstieg

Zu Monique Hönig, Leiterin der Schuldnerberatungsstelle im Gutshaus, kommen immer mehr Menschen, bei denen persönliche Probleme zur Verschuldung führten. Dazu gehörten vermehrt Suchtkrankheiten wie Alkohol- und Drogen-, aber auch Kauf- und Spielsucht - ein sehr schwieriger Bereich. Doch es gibt auch Positives zu berichten. Einen Fall hat sie anonymisiert zusammengestellt.

Monique Hönig lernte Viola B.* in der Beratung kennen. Die damals 20-Jährige legte die Karten auf den Tisch: Kaufsucht, 10 200 Euro Schulden bei 30 Gläubigern, zumeist Versandhäuser. "Sie hat dann eine Therapie begonnen und bekam eine gute Prognose, Voraussetzung dafür, dass wir sie aufnehmen", erzählt Monique Hönig. Die Hartz-IV-Empfängerin berappelte sich, zog die Therapie durch.

Dann drohte die Situation zu kippen, als sie eine vergleichsweise hohe Stromnachzahlung bekam. "Doch das Jobcenter gab ihr ein Darlehen und das war in Ordnung." Sie bekam eine Lehrstelle, verschwieg auch dort nichts. "Sie lernte, ihre Post zu öffnen, und ging mit der Schuldnerberatung in die Privatinsolvenz." Damals war sie 22 Jahre alt.

"Sie hat Disziplin entwickelt, die Lehre verkürzt und zahlt jetzt von ihrem Einkommen als Einzelhandelskauffrau jeden Monat 50 Euro ab. Mehr ist nicht drin. Denn das geschützte Einkommen beträgt 1049,99 Euro", sagt Monique Hönig. Die Gläubiger gehen in diesem Fall so gut wie leer aus. In Kürze sind die sechs Jahre bis zur Restschuldbefreiung gelaufen und Viola B. bekommt mit 28 Jahren die Chance auf einen Neuanfang ohne Schulden. "Sie hat seitdem nichts im Internet bestellt und lässt die Finger von den ganzen verlockenden Finanzierungsmodellen. Ich glaube, sie hat es geschafft", sagt die Beraterin zufrieden.

Würden sich auch ältere Menschen, die zunehmend Finanzprobleme hätten, früh beraten lassen, könnten sie und ihre Kollegin noch besser helfen. "Wir sehen, dass die Generation überhaupt nicht gut zugeben kann, dass finanziell etwas aus dem Ruder gelaufen ist. Das ist ihnen extrem peinlich", sagt sie. Gerade deshalb appelliert sie an die Senioren, sich frühzeitig Hilfe zu holen. Aus Erfahrung sagt sie: "Es kann aus vielen Gründen zu Schwierigkeiten beim Zahlen der Miete kommen. Um eine Räumungsklage zu verhindern, müssen die Menschen aber so früh wie möglich zu uns kommen." Das gelte grundsätzlich für alle, die in die Schuldenfalle getappt sind. *(Name geändert)

*Fast jeder zehnte Bürger über 18 Jahre ist laut "SchuldnerAtlas Deutschland 2012" verschuldet. Das sind 6,6 Millionen Menschen und damit 189 000 mehr als 2011. Die Zunahme der Überschuldungen bestätigt die Schuldnerberatungsstelle im Glinder Gutshaus. Sie hat 2012 mit gut 600 langfristigen Vorgängen eine ähnlich hohe Zahl wie in den Vorjahren betreut, verfügt aber auch bei immer komplizierteren Vorgängen über das gleiche Personal. Dafür müssen die Klienten erheblich länger auf einen Beratungstermin warten. Leiterin Monique Höning warnt vor zunehmender Verschuldung bei den 18- bis 29-Jährigen.

Die Schuldnerberatung in Glinde wird durch das Land, den Kreis Stormarn und den Sparkassen- und Giroverband finanziert. Sie berät auch im Jobcenter Reinbek und ist zuständig für Reinbek, Glinde, Barsbüttel, Trittau, Amt Siek, Oststeinbek und Lütjensee. Die Beratung ist vertraulich und kostenlos. Von den 604 langfristigen Vorgängen konnten im vergangenen Jahr 52 Verfahren mit der Restschuldbefreiung der Klienten abgeschlossen werden.

Monique Hönig und Sylvia Ahlers sind unter den Rufnummern (040) 71 00 04 23, -22 und -24 im Gutshaus, Möllner Landstraße 53, zu erreichen. Es gibt keine Warteliste. In Krisenfällen wie bei drohender Kontopfändung, Wohnungsverlust oder Sperrung der Stromzufuhr erfolgt eine sofortige Beratung.