Glinder hat knapp 1000 Bewerbungen geschrieben - er ist einer von 1680 älteren Stormarnern ohne Job

Für Harald S. (Name von der Redaktion geändert) fängt jeder Tag gleich an. Jeden Morgen setzt er sich für sechs bis acht Stunden an den Computer, klickt sich durch Jobbörsen wie Stepstone, Kimeta und Backinjob und blättert nebenbei die Stellenmärkte in Tageszeitungen und Wochenblättern durch. Und täglich wird er frustrierter. Knapp 1000 Bewerbungen hat er seit Ende Oktober 2006 bundesweit geschrieben, das ein oder andere Vorstellungsgespräch gehabt - ohne Erfolg.

Harald S. ist einer von rund 1680 Stormarnern, die zu der Generation 50plus gehören und bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet sind. Obwohl sich der Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren entspannt hat und sich die Arbeitslosenquote im Kreis Stormarn im Sinkflug befindet, hat sich die Zahl der 50- bis 65-Jährigen ohne Job nicht verringert, ist sogar leicht angestiegen. Waren es 2010 durchschnittlich rund 1500, verzeichnete die Agentur für Arbeit in Bad Oldesloe in der Gruppe im Jahr 2012 durchschnittlich rund 1660. "Der Anstieg ist aber auch dadurch begründet, dass viele Vorruhestandsregelungen auslaufen und nun die geburtenstarken Jahrgänge beginnen, die 50 Jahre zu überschreiten", sagt Stefan Schröder, Sprecher der Oldesloer Arbeitsagentur.

"Für ältere Arbeitsuchende ist der Zugang zum Arbeitsmarkt aber auch leider nach wie vor schwierig. Viele schreiben sehr viele Bewerbungen, bis sie Erfolg haben. Und der Weg dahin ist verständlicherweise für die Betroffenen oftmals sehr frustrierend", weiß Jobcenter-Chefin Doris Ziethen-Rennholz.

Auch bei Harald S. ist die Frustration hoch: "Ich habe mittlerweile einiges durch und was man da alles erlebt, kann man sich gar nicht vorstellen. Wenn man zum alten Eisen gehört, kann scheinbar alles mit einem gemacht werden", sagt der 51-Jährige. Immer wieder sei ihm mitgeteilt worden, dass das Unternehmen sich für einen anderen Bewerber entschieden habe. "Und wenn ich dann später recherchierte, wer das war, war es jemand Junges", sagt S. "Ich bin mit 51 Jahren scheinbar zu alt und nicht mehr attraktiv für Arbeitgeber. Die wollen junge Leute, aber das natürlich am besten mit ganz viel Erfahrung", sagt S. und kann sich einen ironischen Unterton dabei nicht verkneifen.

S. ist gelernter Maschinenbauschlosser, hatte sich Anfang der 90er-Jahre jedoch mit einer Zeitarbeitsfirma selbstständig gemacht. "Ich musste sie aber letztes Jahr aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten schließen, hauptsächlich wegen des Lohndumpings der Konkurrenz. Ich war einfach nicht bereit, ebenso unfaire Löhne zu zahlen", sagt Harald S., der nicht damit gerechnet habe, dass es so schwer für ihn werden würde, selbst als Angestellter wieder Arbeit zu finden. "Ich habe mehrjährige Erfahrung als Geschäftsführer, mit Personalführung. Aber eben kein Studium, das heute in diesem Bereich erwartet wird", sagt S..

Ziethen-Rennholz weiß, dass manche Arbeitgeber Vorurteile gegen ältere Arbeitnehmer hegen und deshalb eher jüngere Bewerber einstellen. "Es wird davon ausgegangen, dass sie weniger EDV-Kenntnisse haben und nicht mehr so belastbar sind." Das aber stimme oftmals gar nicht. "Und durch den demografischen Wandel und zunehmenden Fachkräftemangel ist mittlerweile auch ein Umdenken bei Arbeitgebern zu erkennen. Wir konnten in diesem Jahr bereits 104 Arbeitslose, die über 50 Jahre alt sind, vermitteln."

S. gehörte bisher nicht dazu. "Aber immerhin habe ich demnächst mal wieder ein Vorstellungsgespräch. Allerdings in Bayern. Die Entscheidung, den Job anzunehmen, wenn es klappt, wird schwer werden. Immerhin bin ich gerade mit meiner Frau nach Glinde gezogen."