Granny Au-Pair: Kirsten Wienholz (48) war drei Monate als “Tante“ einer chinesischen Familie in Shanghai

"Es war toll", schwärmt sie. "Ich kann nur jedem raten, das zu tun. Ich habe nur Gutes zu erzählen und sogar noch echte Freunde in China gefunden. " Ihr Tipp: Einfach dem Herzen einen Stoß geben.

Die Mutter zweier Töchter fragte sich: "Wann, wenn nicht jetzt?" Ihre Töchter sind erwachsen, ihre Chefin war einverstanden damit, dass sie vier Monate unbezahlten Urlaub nimmt und finanziell ergab sich auch die Chance einer Auszeit vom Beruf. Im September begann sie, tiefer in die Recherche im Internet einzusteigen. Sie entschied sich für eine Plattform (www.granny-aupair.com). Für ihr erstes Wunschziel Australien fand sich zwar kein passendes Angebot, dann aber ging plötzlich alles ganz schnell: Sie stieß auf das Gesuch der Familie Wang in Shanghai, ein paar E-Mails, dann ein Anruf des Familienvaters Yan Wang. "Da war klar: Das passt. Wir haben uns gleich gut verstanden." Im Februar saß Kirsten Wienholz bereits im Flugzeug.

In der Familie Wang fühlte sie sich gleich zu Hause. Der Begriff "Granny-Au-pair" passt auf sie allerdings herzlich wenig, sie hat so gar nichts Omahaftes an sich. "Ich wurde aber aufgenommen wie eine Tante der Familie", erzählt Wienholz. "Die Kinder, drei und fünf Jahre alt, sind sehr temperamentvoll. Sie sollen Deutsch lernen, weil die Familie ab 2016 gern nach Deutschland zurückkehren möchte." Yan Wang hat in Deutschland studiert, arbeitet jetzt für ein deutsches Unternehmen in Shanghai. Deshalb betreute Wienholz die Kleinen zwischen 16 und 20 Uhr. Die Familie wohnt im Hochhausviertel Pudong.

Ansonsten hatte sie frei. "Ich bin durch die Stadt gestreift, habe mir alles angeschaut", erzählt sie. Vor allem der Verkehr in der Metropole (Ballungsraum etwa. 25 Millionen Einwohner) war zuerst ungewohnt: "Extrem laut, weil die Autofahrer ständig hupen. Dann fahren sie einfach." Die Radfahrer hingegen haben ihre eigene Fahrbahn: "Das würde ich mir hier auch wünschen." Nach zwei Tagen hatte ihr Körper sich auf die exotischen Gewürze und Gerüche eingestellt. "Es war sehr lecker, viel Gemüse. Aber es wird alles mit Sojasoße gewürzt." Unvergessen sind ihre Erinnerungen an den gemeinsamen Urlaub mit den Wangs in Jinan, um dort gemeinsam mit der Schwester das chinesische Neujahrsfest zu feiern. "Dort gab es kaum Ausländer, wurde auf der Straße gekocht und gegessen", erzählt sie. "Das war sehr interessant."

Um ihr Heimweh nach den beiden Töchtern und ihrem Liebsten in den Griff zu bekommen, schrieb sie abends regelmäßig E-Mails und skypte jeden Sonnabend mit ihnen. "Das hat gut geklappt", stellt sie fest. Der Abschied von Familie Wang im war sehr emotional: "Ich musste schon schlucken. Aber dann habe ich mich auch auf Zuhause gefreut." Heute skypt sie ab und an mit den Wangs. Die Familie hat sie sogar schon in Reinbek besucht: "Wir sind echte Freunde geworden."

Im August zieht es jetzt ihre Tochter (19) nach Australien. "Als ich in der Ausbildung war, reizte mich ein Au-pair-Aufenthalt überhaupt nicht", erinnert sich Wienholz. "Ich war frisch verliebt, hatte gerade meinen Ex-Mann kennengelernt." Das Fernweh kam erst später. Macht nichts - es ist nie zu spät, Sehnsucht zu stillen. "Meine Jüngste werden wir in Australien auf jeden Fall besuchen", sagt sie lächelnd.