Stalking: Polizei empfiehlt Opfern, sich frühzeitig Hilfe zu holen

Wer kennt nicht die Verzweiflung, wenn eine Liebesbeziehung gescheitert ist und die Partner getrennte Wege gehen. Die Trauer gibt sich über kurz oder lang. Aber einige Menschen, meist Männer, können den Verlust nicht verwinden und beginnen, die Verflossene zu terrorisieren - neudeutsch: zu stalken. "Dieses Phänomen nimmt zu", beklagt Polizeikommissar Frank Weber (52). Er bearbeitet die Fälle in der Glinder Zentralstation am Oher Weg, mittlerweile etwa 20 im Jahr. Weber appelliert an die Opfer, sich frühzeitig Hilfe zu holen. "Dann können wir so beraten und begleiten, dass der Spuk meist nach einem halben Jahr vorbei ist", sagt er.

"Wenn sich die Belästigung nach der ersten Erregung, also nach etwa vier Wochen, nicht gibt, der Ex-Partner abwechselnd seine Liebe bekundet und das Opfer dann wieder bedroht, sollte nicht länger gewartet werden", rät der Polizist. Dabei können sich Titulierungen wie "meine Göttin" oder "du Schlampe" abwechseln, genauso wie körperliche Gewalt und teure Geschenke. Das Opfer sollte sich auch deshalb so früh wie möglich melden, damit der Stalker keine Zeit hat, es einzuschüchtern. "Wer schon am Boden ist, hat es sehr schwer", sagt Weber. Die Konsequenz, die man brauche, um sich von einem Stalker zu befreien, koste viel Kraft. "Jede Reaktion, auch negative, wenn er einem leid tut oder einem einfach der Kragen platzt, bestätigt ihn in seinem Verhalten. Stalker ticken einfach nicht normal. Meist wollen sie die Partnerin schon in der Beziehung mit niemandem teilen", erläutert der Kommissar.

In seiner bis zu zweistündigen Beratung macht Weber sich zuerst ein Bild und gibt dem Opfer konkrete Verhaltensregeln. Spätestens jetzt sollte es genau Tagebuch über alle Vorkommnisse führen - von der SMS über Drohanrufe, Auflauern, Ausfragen von Freunden und Verwandten bis zum Blumenstrauß. Parallel bekommt der Stalker vom Opfer ein schriftliches Kontaktverbot, ohne Höflichkeitsfloskeln per Einschreiben mit Rückschein zugestellt. Nach der ersten Empörung darüber sollte er Ruhe geben. "Das machen im Schnitt drei von 20 Stalkern, die bei uns aktenkundig werden", sagt Weber.

Ist das erfolglos, wird der Polizist - etwa vier Wochen nach dem ersten Gespräch - aktiv. Er sucht den Stalker auf und erklärt ihm, dass nun ein Verfahren gegen ihn eröffnet wird und dass er das Kontaktverbot befolgen soll. "Danach hört etwa jeder Zweite auf", weiß Weber. Unterlässt er seine Aktionen noch immer nicht, schickt das Gericht gut 14 Tage später eine einstweilige Verfügung, die jede weitere Handlung zur Straftat macht. Auf sie können Konsequenzen bis zur Haft folgen.

Weber betont, wie wichtig es ist, dass Opfer ihre Scham ablegen, im Familien- und Bekanntenkreis von dem Problem erzählen, damit niemand etwa die neue Handy-Nummer herausgibt oder Details ausplaudert. Wer konsequent jeden Kontakt unterlasse, sei meist nach etwa sechs Monaten befreit. Oft passiere das aber früher, wie im Fall einer Oststeinbekerin, die von einem Unbekannten sehr anzügliche Liebesbekundungen per SMS oder E-Mail bekam. "Einmal hat er doch vergessen, die Nummer zu unterdrücken. Als ich ihn anrief, hörte das natürlich schlagartig auf. Er ist vor Scham im Boden versunken ist und seine Frau fand das wohl auch nicht witzig", nennt Weber ein Beispiel. Er ist unter Telefon (040) 710 90 30 zu erreichen.