Gewerbevereinigung: Hilfe bei Regelung der Nachfolge - Viele Chefs schieben Vorsorge auf die lange Bank

Eines ist offensichtlich: Das Modell der Nachkriegsjahre, in dem die Kinder den Betrieb selbstverständlich übernahmen, ist meist Geschichte.

"Ich habe mir das auch mal anders vorgestellt", bestätigt beispielsweise Uwe Niekerken, Geschäftsführer von Feuerlöschtechnik Bavaria-Niekerken. Keine seiner beiden Töchter zeige bisher Interesse, den Betrieb zu übernehmen. Die GmbH soll dennoch weiter existieren: "Ich habe da so eine Idee", sagt der Unternehmer, möchte aber nicht konkreter werden. Für Niekerken, Jahrgang 1946, scheint dasselbe Motto zu gelten wie für viele andere Mitglieder der Gewerbevereinigung Glinde: Erst einmal weiterarbeiten, bis es nicht mehr geht. Unter den Mitgliedern sind viele in seinem Alter.

Die GVG hat sich jetzt des Themas angenommen und gibt Hilfestellung. Sie bat Rechtsanwalt und Notar Alexander Bowien um Tipps. Er rät Gewerbetreibenden, sich auf den Ernstfall gut vorzubereiten: "Sie müssen nicht nur mit ihrem plötzlich Tod rechnen, sondern auch damit, dass sie nicht mehr geschäftsfähig sind, beispielsweise nach einem Unfall im Koma liegen." Gebe es in derartigen Fällen keine rechtsgültigen und eindeutigen Testamente oder Vollmachten, könnte das den jeweiligen Betrieb in nur wenigen Monaten in den Ruin stürzen. "Bei einem Rechtsstreit, der Jahre dauern kann, bleibt niemand, der die Löhne auszahlen darf, niemand, der Mitarbeiter einstellen oder ihnen kündigen darf." Oft glaubten die Ehepartner, sie seien automatisch die Rechtsnachfolger. "Das ist aber nicht so", warnt Bowien. Deshalb sollten Unternehmens-Chefs rechtzeitig Fachanwälte und Notare aufsuchen, um entsprechende Dokumente verfassen zu lassen.

Bei der Vererbung von Betrieben appelliert Bowien: "Vermeiden sie Erbengemeinschaften." Denn auch ein Erbenstreit könne Betriebe zerrütten. Außerdem, so sein Rat, müsse man auch über unangenehme Themen reden: "Gibt es uneheliche Kinder, versuchen sie, sich mit ihnen zu einigen." Auch diese Kinder hätten nämlich Anspruch auf einen Pflichtteil. Zum Thema Unternehmensnachfolge geben die Handwerkskammern und die IHK auch weitere Auskünfte, und zwar unter www.ihk-schleswig-holstein.de im Internet (Dokument-Nr. 151).

Auch die Industrie- und Handelskammer zu Lübeck (IHK) warnt gerade in den Kreisen Stormarn und Segeberg davor, die Frage der Nachfolge auf die lange Bank zu schieben. Werde sie nicht rechtzeitig oder eindeutig eingeleitet, so Lars Schöning, amtierender Hauptgeschäftsführer der IHK zu Lübeck, könnte der Generationswechsel im Mittelstand zu einem der größten Probleme in der schleswig-holsteinischen Wirtschaft werden: "Nach einer aktuellen Untersuchung des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) ist damit zu rechnen, dass bis 2014 in Schleswig-Holstein mindestens 3800 Unternehmensnachfolgen anstehen." Nach IfM-Berechnungen seien bei diesen Unternehmen bis zu 50 000 Arbeitsplätze betroffen, die es zu erhalten und weiter zu entwickeln gelte.

"Der Kreis Stormarn liegt bei den übernahmewürdigen Betrieben in Bezug auf Umsatz, Gewinn und Struktur in Schleswig-Holstein ganz vorn", heißt es in einer Mitteilung des Instituts. Bernd Horst, Referent der Lübecker IHK, rät: "Die Vorbereitung auf die Firmenübergabe sollte bis zu fünf Jahre vorher eingeleitet werden, spätestens aber, wenn der Geschäftsführer 55 Jahre alt wird." Eine rechtzeitige Vorbereitung schaffe notwendige Klarheit, etwa über Übergabeziel und Übergabeart.