Nächstenliebe: Zwölf der 300 in Hamburg gestrandeten Westafrikaner finden Obdach in der Moschee

Ob die Gemeinde nicht obdachlosen, muslimischen Flüchtlingen aus Afrika helfen könnte? Wie berichtet, sind in Hamburg etwa 300 Westafrikaner gestrandet.

Der Anruf kam von einem Gemeindemitglied, das zwölf Afrikaner beim Morgengebet in der Moschee in St. Georg gesehen hatte. Sie kamen regelmäßig zum Beten, lebten aber auf der Straße. "Ich hielt kurz Rücksprache mit unserem Vorstand", erzählt Tokicin. "Aber uns war klar, dass wir helfen."

Die Glinder Gemeinde, deren Freitagsgebet regelmäßig etwa von 200 Gläubigen besucht wird und die von etwa 80 zahlenden Mitgliedern unterstützt wird, nahm die zwölf Männer aus Mali, Ghana und Nigeria auf. Sie schlafen in den Gebetsräumen am Tannenweg und im notdürftig hergerichteten Keller. Die Glinder gaben ihnen Kleidung und bringen ihnen zweimal am Tag etwas zu essen. "Unsere muslimischen Brüder helfen uns sehr", sagt Hamid Ismail* (23) aus Ghana dankbar. Der Glinder Osman Sarikaya, berichtet: "Es ging unseren Freunden sehr schlecht, als sie zu uns kamen." Man habe ihnen das Leben auf der Straße angesehen. Seydou Keita* (30) aus Mali erzählt: "Es war hart. Wir konnten uns kaum einmal waschen. Alles tat mir weh." Seine 13-jährige Tochter hat er zuletzt 2008 gesehen. Er möchte arbeiten, um ihr zumindest die Schule finanzieren zu können. Warum ist er geflohen? "Es gab Probleme mit dem Krieg", antwortet er knapp. "Eigentlich möchten wir alle nur in Frieden und Freiheit leben und unsere Familien ernähren können", sagt Abdul Aminu* aus Nigeria.

"Die meisten von uns sind Familienväter", sagt Ismail. Ihre Frauen und Kinder haben sie zurückgelassen. "Die Reise über das Mittelmeer war zu gefährlich", erklärt Ismail. "Aber wir hatten die Wahl: viel Geld zu bezahlen und um unser Leben zu rennen, oder zu bleiben und zu sterben."

Martin Link, Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Schleswig-Holstein, hörte gestern erstmals davon, dass westafrikanische Flüchtlinge von Hamburg auch ins benachbarte Bundesland gekommen sind. "Die meisten kamen als Wanderarbeiter nach Libyen, flohen von dort vor dem Bürgerkrieg über das Mittelmeer nach Lampedusa. In Italien wurden sie zunächst in Flüchtlingslagern untergebracht. Als Anfang 2013 das europäische Flüchtlingsprogramm auslief, hielten sie sich zwar legal in Italien auf, waren aber ohne Arbeit oder soziale Versorgung." Das heiße Obdachlosigkeit. Denn ohne Meldeadresse gebe es keine Chance, aus dieser Not herauszukommen.

Die Behörden in Italien hätten sie weggeschickt in andere Länder, berichten die nun in Glinde gestrandeten Flüchtlinge. Link bestätigt: "Durch das Schengen-Aufenthaltsabkommen können sie sich legal in EU-Staaten und einigen weiteren Ländern aufhalten, haben aber nur einen humanitären Aufenthaltsstatus, mit dem keine Leistungen verbunden sind." Es sei eine politische Entscheidung, ob man diese Menschen versorgen wolle. Er bietet den Glindern an, sie zu beraten.

Die Gemeinde kommt langsam an ihre Grenzen. Nicht an die ihrer Nächstenliebe. Doch an die ihrer Möglichkeiten: Sie ernähren zurzeit zwölf Männer. "Wir sind alle berufstätig", gibt Muhammad Tümkaya zu bedenken. Tokicin überlegt, die evangelische Gemeinde um Unterstützung zu bitten.

*Name geändert

Wer helfen will, erreicht ihn unter Telefon (0172) 426 21 60.