Glinde/Oststeinbek. “Wenn Väter auf Geschäftsreise sind, bin ich der Held“, sagt Thomas Strauß (45), Leiter und einziger Mann in der Kita Gerberstraße in Oststeinbek. Die Erfahrung bestätigt sein Kollege Lasse Kruck (31) sofort.

Nur hat der Leiter der Kita Zwergenwache im Glinder Neubaugebiet Alte Wache sogar gleich drei männliche Kollegen, die ihn unterstützen.

Damit ist sein Haus in Schleswig-Holstein eine große Ausnahme. Im nördlichsten Bundesland sind laut Statistikamt Nord nicht einmal sieben Prozent des pädagogischen Kita-Personals Männer. In Hamburg sind es immerhin gut zehn Prozent. Beide Länder sind damit weit entfernt von den 20 Prozent, die die EU perspektivisch verlangt, damit Mädchen und Jungen für ihre ausgewogene Entwicklung weibliche und männliche Vorbilder erleben können.

Die Johanniter-Unfall-Hilfe, die die Glinder Zwergenwache mit 134 Kindern betreibt, ist stolz auf ihre hohe Männerquote. "Von 16 Erziehern sind drei Männer. Und dann haben wir noch einen Bufdi", sagt Lasse Kruck, der seinen Traumjob gefunden hat und wie seine Kollegen gern Werbung für seinen Beruf macht. "Es macht einfach Spaß, mit Kindern zu arbeiten, zu spielen, ihnen etwas beizubringen und für sie da zu sein."

Er kritisiert allerdings, dass das Berufsbild der Erzieher nicht genügend Wertschätzung erfährt. Auch wäre das Geld knapp, wenn seine Frau nicht als Lehrerin arbeiten würde. Für Thomas Strauß liegt genau hier das Problem: "Viereinhalb Jahre dauert die Ausbildung - zwei Jahre bis zum sozial-pädagogischen Assistenten und dann noch einmal 2,5 Jahre bis zum Erzieher. Das Einkommen liegt bei netto 1700 Euro. Davon bekommt man keine Familie satt."

Seiner Meinung nach sollte die Ausbildung in den ersten Jahren gemeinsam mit der der Grundschullehrer laufen, bis sich eine Spezialisierung für die eine oder andere Richtung ergibt. "Das würde sich auch sehr gut auf die unverzichtbare Zusammenarbeit von Kita und Schule auswirken", sagt Strauß. Zudem sollte die Bezahlung bei ähnlicher Arbeit vergleichbar sein.

Der Beruf des Erziehers habe sich in den vergangenen Jahren sehr verändert, bestätigt auch Sabine Becker, Leiterin des Integrationskindergartens Wilde Wiese der evangelischen Kirche in Glinde: "Wir qualifizieren für die Schule, vermitteln soziale Kompetenz, erziehen, begleiten nicht nur die Kinder, sondern immer mehr auch die Eltern." Dass ihre Arbeit nicht mehr Familien ergänzend, sondern häufig Familien ersetzend ist, bestätigen alle, bei denen die Kinder oftmals fünf Tage die Woche zehn Stunden pro Tag betreut werden.