Gravierende Strukturprobleme in der Verwaltung, Rechtsverstöße, Missachtung von tarifrechtlichen Beförderungen, Nichteinbeziehung des Personalrats bei wichtigen Entscheidungen, angeblich abwertende und unzulässige Bemerkungen in Personalakten, demotivierte und verunsicherte Rathausmitarbeiter - die Mängel und Probleme, die im Gemeindeprüfungsbericht des Kreises über die Oststeinbeker Verwaltung aufgelistet sein sollen, sind zahlreich.

Über die Inhalte des 123 Seiten langen Papiers gaben die Oststeinbeker Fraktionen in der Hauptausschusssitzung Montagabend erste Einblicke. Vorlegen konnten sie es noch nicht. Zwar votierten die Gemeindevertreter in ihrer Sitzung für die Veröffentlichung des Berichts. Doch noch liegt er in den Händen der Oststeinbeker Verwaltung - aus Datenschutzgründen. Er soll aber in den kommenden Tagen von Bürgermeisterin Martina Denecke auf der Internetseite der Gemeinde veröffentlicht werden, nachdem personenbezogene Daten geschwärzt wurden.

Politik will Denecke in Sondersitzung abwählen

"In dem Bericht sind derart massive Rechtsverstöße im Umgang mit den Mitarbeitern des Rathauses dargestellt, dass wir von deren Häufung und Ausmaß erschrocken und erschüttert sind", sagte Irene Kastner, SPD-Fraktionsvorsitzende. So sollen Überbelastungen von Mitarbeitern sowie tarifrechtliche Urlaubsregelungen und Gehaltserhöhungen mehrfach missachtet worden sein.

Zudem soll laut Aussagen eines Gemeindevertreters eine Fachbereichsleiterin eine Abmahnung erhalten haben, weil sie sich nicht daran gehalten habe, die Bürgermeisterin für eine interne Besprechung um Erlaubnis zu fragen. Überhaupt sollen den Fachbereichsleitern Funktionen entzogen worden sein. "Die Bürgermeisterin verstärkte die Konzentration von Aufgaben und Kompetenzen auf ihre Person", referierte Hans-Joachim Vorbeck (CDU) aus dem Prüfungsbericht.

Das alles habe zur Demotivation der Mitarbeiter und damit auch zu einem hohen Krankenstand geführt. "Der Bericht kommt zu einem nicht hinnehmbaren Ergebnis, was die Leistung unserer Gemeinde betrifft", sagte Michael Holtermann (FDP). Die Gemeindevertreter waren sich einig, aus dem Bericht ihre Konsequenzen ziehen zu wollen. Am Donnerstag, 13. Dezember, soll es um 20 Uhr eine Sondersitzung des Gremiums geben. Ziel ist der Beschluss zur Abwahl der Bürgermeisterin. Außerdem soll Denecke mit sofortiger Wirkung von ihrem Amt suspendiert werden. Vorbeck: "Wir sehen sonst keine Zukunft mehr."

Rund 2000 Menschen haben in Oststeinbek bereits innerhalb weniger Tage ihre Unterschrift für die Einleitung eines Abwahlverfahrens gegen Denecke gegeben. Mehr als genug, um eine Abwahl einzuleiten.

Offenbar wurde aber auch, dass die Verwaltung mit Problemen zu kämpfen hat, die sich über Jahre hinweg entwickelt haben. So sollen laut Bericht viele Arbeiten nicht ausgeführt, Satzungen nicht aktualisiert worden sein, Stellenbeschreibungen fehlen.

Umstrukturierung mit Hilfe externer Fachleute

In dem Bericht werde zu einer völligen Umstrukturierung der Ämter innerhalb der Gemeindeverwaltung geraten. "Vieles stimmt vorn und hinten nicht", sagte Vorbeck. Um das zu ändern, muss Oststeinbek nicht nur mehr Verwaltungsmitarbeiter einstellen, auch ist eine Umstrukturierung nur mit externer Hilfe möglich, so Vorbeck.

Denecke wollte sich zu den "privaten Empfindungen der Parteien" nicht äußern. Gegenüber unserer Zeitung aber erklärte sie, dass sie schon kurz nach ihrem Amtsantritt die Politik mehrfach über Mitarbeitermangel und Überbelastung in der Verwaltung informierte. So habe es auch immer wieder Gespräche mit dem Hauptausschussvorsitzenden Jürgen Schweizer (CDU) darüber gegeben. "Aber es wurde nie reagiert. Auch jetzt wurde der Stellenplan wieder verschoben. Die Politik tut einfach nichts", so Denecke. Nicht ihr Führungsstil, sondern die hohe Arbeitsbelastung, auf die die Politik nie reagiert habe, sei Ursache des Krankenstandes im Rathaus. Derzeit sollen fünf Mitarbeiter dauerhaft krank sein, zwei Mitarbeiter haben gekündigt.

Darüber, dass erst jetzt derartige Mängel in der Personalstruktur im Rathaus auf den Tisch kamen, zeigte sich der Oststeinbeker Wolfgang Homann erschrocken. Er war einer von mehr als 100 Bürgern, die den Vorabbericht der Fraktionen verfolgten. "Ich kann nicht verstehen, dass die Politiker von allem nichts gewusst haben wollen."

Der stellvertretende Leiter des Gemeindeprüfungsamtes, Andreas Figur, und auch Stormarns Landrat Klaus Plöger wollten sich vor der Veröffentlichung des Papiers nicht weiter äußern. "Der Prüfungsbericht ist selbstsprechend", sagte Figur lediglich. Und, dass manche Mängel aus der letzten Prüfung im Jahr 2006 nicht abgearbeitet worden. "Es gab aber auch neue Erkenntnisse."