Glinde. Nicht alle Kinder haben es gut im Kreis Stormarn, einem der reichsten Kreise Schleswig-Holsteins - im Gegenteil: In der jungen Stadt im Grünen müssen 372 Kinder mit weniger als 281 Euro im Monat auskommen.

Das ist der Regelsatz für Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren aus dem Arbeitslosengeld II. Glinde liegt im Kreis auf einem traurigen dritten Platz unter den Kommunen: 14,52 Prozent aller Kinder erhalten hier Sozialgeld. "Glinde ist eine Hochburg der Kinderarmut", beklagt Stormarns Kinderschutzbeauftragter Ingo Loeding.

Kinder unter 14 Jahren bekommen bisher 211 Euro. Ab 1. Juli wird zusätzlich ein Satz für Sechs- bis 14-Jährige in Höhe von 251 Euro eingerichtet - diese Kinder erhalten also eine Erhöhung um fast 20 Prozent. Die Jüngsten bekommen künftig 215 , Jugendliche 287 Euro. "Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein, ein Schritt in die richtige Richtung, aber keine Lösung", sagt Loeding.

Er stellte gestern gemeinsam mit Birgitt Zabel, Vorsitzende des Kinderschutzbundes Stormarn, die aktuellen Zahlen im ersten offiziellen Atlas der Kinderarmut vor. An konkrete Daten zu kommen, wird immer schwieriger: 2008 lag die Zahl Glinder Kinder, die von Hartz IV leben mussten, noch bei 411. Doch laut Schätzungen des Kinderschutzbundes fallen mittlerweile etwa zehn Prozent aus der Statistik heraus. "Kreisweit bekommen etwa 300 Kinder durch die Erweiterung des Kinderzuschlags und des Wohngeldes kein Sozialgeld mehr", sagt Loeding. "Dennoch können sie nicht über mehr Geld verfügen als die anderen." Auch das Elterngeld wird nur noch ein Jahr ausgezahlt, das Erziehungsgeld gab es für zwei Jahre. Bei der Erhöhung des Kindergeldes gingen arme Familien ebenfalls leer aus; denn es wird vollständig auf das Sozialgeld angerechnet.

Seitdem nicht mehr das Sozialamt vor Ort für die Leistungen zuständig ist, verlieren auch Kommunalpolitiker und Verwaltungen immer mehr die Zahlen aus den Augen. Deshalb will der Kinderschutzbund jetzt regelmäßig mindestens einmal im Jahr den Atlas herausgeben. Er fordert unter anderem eine Kindergrundsicherung von mindestens 500 Euro, kommunale Hilfsfonds für Familien, Mahlzeiten in Kitas und Schulen sollten arme Kinder nicht mehr als einen Euro kosten.

Von dem Sozialgeld sollen Eltern ihren Nachwuchs ernähren, einkleiden, für ihre Gesundheit, Bildung und Unterhaltung sorgen (siehe Kasten).