Glinde (ilk). Die “Las Gringos“ entführten ihr Publikum in den Wilden Westen, “Fakir Ramigani“ nahm es mit in Tausendundeine Nacht.

Jetzt hat der "Circus Hollywood" seine Zelte am Glinder Querweg nach vier Vorstellungstagen wieder abgebrochen, und Familie Sperlich zieht weiter, um an einem anderen Ort Kinder und Erwachsene zu verzaubern.

Der "Circus Hollywood", das sind Vater Harald und Mutter Dagmar Sperlich, die Söhne Tige, Jeremy und Leon sowie Tochter Angelique. "Zwei unserer Kinder sind schon verheiratet und mit einem anderen Zirkus unterwegs", so Harald Sperlich. Leicht ist es dem 42-Jährigen nicht gefallen, seine Nachkommen ziehen zu lassen. Die Familienbande sind stark "bei uns Zirkusleuten". Aber das sei nun einmal der Lauf der Dinge, eine zu große Truppe könne ein einzelnes Unternehmen heute nicht mehr durchbringen.

Die Sechs sind ein eingespieltes Team im Wohnwagen-Alltag zwischen Reise und Vorstellung. Die 15 bis 22 Jahre alten Söhne müssen beim Zeltauf- und -abbau gemeinsam mit dem Vater ihren Mann stehen. Die zwölfjährige Angelique ist ein Multitalent beim Auftritt, beherrscht neun Nummern vom Boden- und Luftturnen bis zur Hunderevue. Und Dagmar Sperlich ist nicht nur für Haushalt, Wäsche und Kostüme verantwortlich, sondern plant auch die Reiseroute.

60 bis 70 Auftrittsorte pro Jahr, von Frühling bis Herbst in ganz Norddeutschland. "Das erfordert einigen organisatorischen Aufwand, das können Sie mir glauben", sagt die 45-Jährige. Leon und Angelique sind noch schulpflichtig, bekommen Lehrmaterialien mit nach Hause. Die wechselnden Lehrstätten schicken ihre Bewertungen an die Heimatschule der beiden "Wanderschüler", und wenn die Familie ihr Winterquartier in Radun (Kreis Parchim) bezieht, bekommen sie dort ihre Zeugnisse.

Die insgesamt 400 Zirkusse in Deutschland haben es laut Dagmar Sperlich zunehmend schwer, ihr tägliches Brot zu verdienen. Zu hohen Standgebühren um 600 Euro für wenige Tage Aufenthalt, Beschränkungen in der Anzahl der Werbeplakate oder einem zugewiesenen Platz, der sich häufig am äußersten Stadtrand befindet, gesellen sich kurzfristige Absagen für geplante Auftrittsorte.

Doch wo immer es heißt "Manege frei", können sich die Zuschauer auf ein abwechslungsreiches Programm freuen. Der Herr Zirkus-Direktor beweist mit seinen drei amerikanischen Pinto-Schecken, dass Pferde auf zwei Beinen laufen können. Leon jongliert auf der "Rola Rola", einem Balancierbrett, mit Ringen und Kegeln. Und Clown Beppo alias Jeremy bringt nicht nur die Kinder zum Lachen, wenn er mit Kandidaten aus dem Publikum seine Späße treibt. Ein Höhepunkt ist nach der kurzen Umbaupause der Auftritt des "Trio Herakles". Tige, Jeremy und Angelique zeigen an den "Römischen Ringen" anspruchsvolle Akrobatik, eine klassische Nummer, die nur drei deutsche Zirkusse noch im Programm haben. Alle Besucher schauen mit offenem Mund nach oben, während die Geschwister scheinbar mühelos und - ganz Profis - immer mit einem Lächeln auf den Lippen die "Einarmige Rückenwaage" oder den "Christus" unter der Zeltkuppel turnen.

Auch wenn das Zirkusleben viele Widrigkeiten mit sich bringt, möchte Harald Sperlich nicht tauschen. Er sagt: "Es liegt meiner Familie einfach im Blut. Schon meine Großmutter ist im Wohnwagen geboren und gestorben, und meine vier Geschwister und ich können uns keinen anderen Beruf vorstellen." Diese Leidenschaft, doch auch einen Hauch Melancholie ist in jeder neuen Vorstellung zu spüren.