Barsbüttel. Seit gestern Morgen stehen sie vor der Tür: 70 Mitarbeiter der Firma Hamotec GmbH wurde gestern Vormittag eröffnet, dass sie jetzt Insolvenzgeld beantragen müssen.

Viele von ihnen - meist geht es um Familienväter aus Barsbüttel, Glinde, Geesthacht, Wentorf, Reinbek oder Bergedorf - sind seit über 20 Jahren bei dem Unternehmen beschäftigt. "Wir Kollegen fühlen uns betrogen", klagt Victor Goncalves an. Der Reinbeker, Vater zweier Kinder, ist seit 17 Jahren im Betrieb. "Jetzt werden wir ohne Abfindung entsorgt."

Dass ein Autozulieferer in Zeiten der Finanzkrise zahlungsunfähig wird, kommt häufiger vor - doch Betriebsrat und IG Metall erheben schwere Vorwürfe gegen die Geschäftsleitung der Hamotec: Sie habe nicht genug getan, um die Insolvenz abzuwenden. "Wir haben vielmehr einige Ungereimtheiten festgestellt", sagt Kai Trulsson, politischer Gewerkschaftssekretär der IG Metall. Die Hamotec ist ein Lohnfertiger für die Firma Honeywell in Glinde. Laut Geschäftsführer Hansjörg Haug würden die Losgrößen der Aufträge durch die Krise nicht mehr ausreichen, um wirtschaftlich zu arbeiten. Doch der Betriebsrat hat den Verdacht, dass die Geschäftsleitung den Sozialplan und die Abfindungen einsparen will, wirft ihr eine betrügerische Insolvenz vor.

"Wir wissen aus zuverlässiger Quelle, dass Aufträge der Firma Honeywell an die Hamotec an die Reinbeker Firma Lomopack GmbH weitergegeben wurden", berichtet Trulsson. "Dort sind auch exakt die geliehenen Maschinen wieder aufgetaucht, die angeblich an Honeywell zurückgegeben wurden. Zudem war der Neffe des Hamotec-Geschäftsführers laut Handelsregister bis 2006 Geschäftsführer der Lomopack."

Haug weist die Vorwürfe entschieden zurück: "Ich habe meine Belegschaft nicht hinters Licht geführt. Das kann ich alles nachweisen. Seit Oktober wurden die Aufträge der Firma Honeywell um mehr als die Hälfte zurückgefahren. Honeywell hat alle Aufträge samt der geliehenen Maschinen zurückgezogen, um die eigenen Mitarbeiter zu beschäftigen." Das bestätigte das Unternehmen Honeywell in einer Pressemitteilung: Die Strategie sei, Fertigungsschritte wieder ins Stammhaus zurückzuholen. "Ich habe keine andere Lösung gesehen, als die Ausgaben auf Sparflamme zu fahren", sagt Haug. Die etwa 25 befristeten Verträge habe er auslaufen lassen müssen. Zur Firma Lomopack gebe es keine Verbindungen, betont er. An Verpflichtungen blieben vor allem die Löhne. Die Mitarbeiter würden nun für die nächsten drei Monate 100 Prozent ihres Lohns als Insolvenzgeld bekommen.

Die IG Metall will jetzt einen Anwalt damit beauftragen, den Vorwürfen nachzugehen und zudem den Insolvenzverwalter über die Recherchen informieren. Der Betriebsrat gibt nicht auf: "Wir konnten die Insolvenz nicht verhindern, aber wir lassen uns nicht alles gefallen." Er lädt für Montag, 9 Uhr, zur Betriebsversammlung ein. Saim Celik (34) aus Glinde ist ratlos: "Ich weiß nicht, was ich jetzt mache. Meine Kinder sind zwei und vier Jahre alt, wir haben uns eine Wohnung gekauft. Ich dachte, ich habe einen sicheren Arbeitsplatz."