Glinde. Laut Duden entwickelte sich der Begriff “Philatelie“ aus dem Griechischen phílos “Freund“ und atéleia “Abgabefreiheit“ und bedeutet “Liebe zur (Marke der) Gebührenfreiheit“. Wer sich mit Hans-Michael Dettmann unterhält, bemerkt schnell, dass es dem Vorsitzenden des Briefmarken-Sammlervereins Glinde bei seiner Leidenschaft nicht um Gebühren, sondern um Liebe geht.

Einen wahren Schatz bekam er bei einem Tauschtag unter die Finger: chinesische Briefmarken im Wert von 40 000 Euro.

Viele Jahre als Preisrichter auf Briefmarken-Ausstellungen haben das Auge des 57-Jährigen geschult. Er kann einschätzen, ob eine vor ihm liegende Sammlung wirklich den Wert hat, den ihr Besitzer sich erhofft. "Von 250 Sammlungen, die die Leute mir bringen, sind vielleicht drei oder vier wirklich wertvoll", berichtet der Frührentner, der 1976 in den Verein eintrat. Oft müsse er die Erwartungen der Ratsuchenden gehörig dämpfen.

Dettmann bietet die Schätzungen meist Privatleuten an, die sich zusätzlich zur Meinung eines Händlers ein neutrales Urteil über den Bestand verschaffen wollen. Wer denkt, dass eine Marke automatisch an Wert zulegt, je älter sie wird, der irrt gewaltig. Tatsächlich erfahren nur solche Exemplare eine Wertsteigerung, die in geringer Auflage von beispielsweise 10 000 Stück gedruckt wurden und für einen begrenzten Zeitraum gültig waren.

Die chinesischen Briefmarken sind bislang der größte Schatz, den Dettmann in seiner Beratertätigkeit zu Gesicht bekam. "Eine Dame kam zu uns, um die Briefmarkensammlung ihres Vaters schätzen zu lassen", erinnert er sich. "Sie ging davon aus, dass der Großteil davon Ramsch sein würde." Der alte Herr hatte von den 60er- bis 80er-Jahren als Ingenieur in China gearbeitet und sich dabei mit den bunten Bildchen eingedeckt. Er erwarb Marken mit dem Konterfei Maos, Auszügen aus seinen Schriften, Olympiamotiven oder typisch chinesischen Zeichnungen wie Blumen und Fische.

Dettmann stellte nach dem ersten Abgleich mit einem Briefmarken-Katalog schnell fest, dass sich in dem unsortierten Haufen von mehreren Hundert Marken einige seltene Schönheiten versteckten. "Da war mein Forscherinstinkt geweckt", sagt der Experte. Nach sechs Monaten des Sortierens und Vergleichens erfuhr die Ingenieurs-Tochter von ihrem Glück: 40 000 Euro ist die komplette Sammlung nach Meinung von Hans-Michael Dettmann wert.

Dieser möchte die Briefmarken im Auftrag der Besitzerin jetzt am liebsten komplett nach China verkaufen. "Mir persönlich geht es nicht ums Geld, das gehört mir ja nicht. Aber so eine Sammlung ist ein Stück Kulturgeschichte - das muss entsprechend honoriert werden." Bis das passende Angebot kommt, bleibt die wertvolle Sammlung jedoch hinter Tresortüren verborgen.