Glinde. Ein bisschen wehmütig ist Manfred Diesing schon bei dem Gedanken, dass seine Gewächshäuser abgerissen werden, um einem Discounter zu weichen - und er ist nicht allein. “Das ist aber schade, dass Sie sich verkleinern“, sagt beispielsweise eine ältere Kundin, als sie ihm zwei große Weihnachtssterne abkauft. Doch es hilft nichts: Sonnabend und Sonntag öffnet die Gärtnerei in ihrer traditionellen Form zum letzten Mal.

Kunden bedauern Abriss der Treibhäuser - doch im Mai eröffnet Gärtnerei Diesing wieder.

Diesing verkleinert seinen Betrieb und verpachtet sein Gelände an Aldi Nord.

Seit 16 Jahren arbeitet er im Familienbetrieb, vor zwölf Jahren übernahm er ihn in dritter Generation. Viele Kindergartengruppen wurden von ihm durch die Gewächshäuser geführt und lernten, wie Stiefmütterchen, Begonien oder Weihnachtssterne wachsen und gezüchtet werden. "Ich habe viel Herzblut hineingesteckt in den Betrieb", erzählt der 43-Jährige. "Es tut schon weh."

Doch wenn es mit der Witterung alles klappt, soll die Gärtnerei Diesing Anfang Mai wieder eröffnen - allerdings ohne die Produktion. "Das wird alles zu teuer", erläutert der Glinder. "Momentan ist das Heizöl gerade wieder etwas günstiger, dafür wird der Strom teurer. Es lohnt sich einfach nicht mehr." Deshalb reduziert er den Betrieb von 4000 auf 500 Quadratmeter Fläche.

Künftig setzt er auf gehobene Floristik und Grabpflege. Die Geschäftsführung wird seine Floristin Ute Knapp übernehmen, er wird sich verstärkt der Friedhofsgärtnerei widmen. Seine vier Mitarbeiter bleiben im Boot. Da er sich an die Öffnungszeiten von Aldi anpassen will, kommen eher noch zwei Mitarbeiter hinzu.

"Lieber verkleinern als ganz aufgeben", tröstet Stammkundin Martina Stirnal, die ehemalige Betreiberin der Vinothek an der Dorfstraße. Leider sei es oft so, dass die Glinder, die die Aufgabe der alten Geschäfte bedauerten, dann doch im Discounter oder im Baumarkt kaufen würden. Zu denen zählt Irene Liefeld nicht: "Mir wird's hier ein bisschen fehlen", gesteht die Glinderin. "Ich wohne gleich um die Ecke und bin mit dem Fahrrad schnell hier. Aber im Frühjahr geht's ja weiter." Die Frühjahrsblumen, wie Stiefmütterchen und Primeln, will Diesing an der Straße verkaufen. Als Trostpflaster gibt es am Sonnabend und Sonntag günstige Orchideen (Phalaenopsis) und Punsch für die Stammkunden.

Die Gärtnerei wurde 1912 von Manfreds Großvater Carl auf dem heutigen Grundstück aufgebaut. Sein Geschäft fußte zuerst auf dem Verkauf von Maiglöckchen und Spargel. Trotz Ersten Weltkriegs und Inflation brachte Diesings Großvater den Betrieb voran. 1926 wurde der alte Diesing zu Glindes Bürgermeister gewählt. Während des Zweiten Weltkrieges musste er auf Gemüseanbau umstellen, 1944 zerstörte ein Luftangriff alle Scheiben der Treibhäuser und legte den Betrieb lahm. Doch nach dem Krieg mit dem Wirtschaftswunder ging es wieder bergauf. Als er 1962 starb, hinterließ er seinem Sohn Carl Fritz einen florierenden Betrieb. Dort wuchs auch Manfred Diesing auf.

Michael Tölle, Geschäftführer der Aldi Nord-Zentrale, bestätigte gestern, dass die Aldi-Filiale am Markt in einen Neubau an der Möllner Landstraße 110 ziehen will. Über den Baubeginn oder den Nachfolgemieter für die alte Filiale konnte er noch keine Auskunft geben.