Ahrensburg. Was wäre der Theaterklassiker „Romeo & Julia“ ohne die berühmte Balkonszene? Nicht vollständig, und deshalb steht bei den jüngsten Proben des Jungen Theaters Marstall natürlich ein Balkon auf der Bühne. Von dort aus kommuniziert Julia Capulet (gespielt von Amelie Plato) mit Romeo Montague (Joshua Gerhardt), der unten auf der Straße steht. Trotz des Abstands ist das Stelldichein einer der wenigen glücklichen Momente für die beiden frisch Verliebten, denn ihre Familien sind bis aufs Blut miteinander verfeindet. Die Premiere des Stücks, das auf dem Stoff von William Shakespeare basiert, ist auf Freitag, 20. Mai, angesetzt.
Shakespeares Werke inspirieren Theaterschaffende
Weil aktuell zwei unterschiedliche Stücke in Vorbereitung sind, passiert es, dass sich die altersgestaffelten Gruppen des Jungen Theaters den Probensaal teilen müssen. Für Regisseurin Caroline Dibbern selbst kurz vor der Premiere kein Problem. Sie sieht das ganz entspannt. Sie sagt: „Wir haben auf dem Balkon und die Gruppe von Angela Schöttler hat das ,Bärchenmärchen‘ auf der Bühne geprobt.“ Im September hätten die Proben begonnen, die Premiere des Stücks sei ursprünglich zu Weihnachten geplant gewesen. „Wegen Corona haben wir das dann aber auf Mai verschoben.“
Auf die Frage, ob die Wahl deswegen auf ein Werk von Shakespeare gefallen ist, weil Marstall-Programmchef Armin Diedrichsen sich seit Längerem in unterschiedlichen Formaten mit dem Autor beschäftigt, antwortet Dibbern: „Nein.“ Und fügt mit einem Schmunzeln hinzu: „Es lag sozusagen in der Luft.“
Männerrolle wird auf Darstellerin umgeschrieben
Bereits zu der Zeit, als die Jugendgruppe noch in die Proben von „Hilfe, die Herdmanns kommen“ vertieft gewesen sei, das im Juni 2021 auf der Bargteheider Kircheninsel gezeigt wurde, „hatte ich längst ,Romeo & Julia‘ am Wickel“, so Dibbern. Sie habe Anke Ruges Version des Stoffes für Jugendtheater in eine modernere Fassung umgeschrieben, angepasst an die Gruppe. „Wir haben beispielsweise eine Mercutia. Aber die ist eine genauso taffe Type wie der Mercutio im Original.“
An dieser wie auch vorhergehenden Produktionen hat die Schwester der Regisseurin, Florentine Dibbern-Gerhardt, einen wichtigen Part: Die ausgebildete Modedesignerin fertigt die Kostüme. Für die jugendlichen Amateurdarsteller ein Glücksfall, professionell in Szene gesetzt zu werden. Caroline Dibbern sagt: „Bei einem Menuett tragen die Mädchen Reifröcke, dazu hat meine Schwester noch Oberteile geschneidert.“ Der Clou: Die Kostüme sind flexibel einsetzbar. „Das Alltagskostüm der Mädchen besteht in Jeans und den Oberteilen mit Puffärmeln. Für die Ballszene wird einfach der Reifrock über die Jeans gezogen – fertig.“
Romantik ist in der Altersgruppe schwierig zu spielen
Es komme darauf an, dass die Darsteller sich wohl fühlten und „die Kostüme trotzdem den Touch der Zeit haben“. Außerdem lasse sich das Menuett so in Sekundenschnelle zu Hip-Hop-Moves umwandeln. Musik und Tanz gehören dazu, wenn die 15 Darsteller im Alter von neun bis 15 Jahren auf der Bühne stehen. „Wir haben ganz viel mit Bewegungen gearbeitet“, erläutert die Regisseurin. Da es in der Altersklasse nicht einfach sei, etwas Romantisches zu spielen, tanzten Julia und Romeo nicht eng zusammen, sondern ahmten sich vielmehr gegenseitig nach, was dann aber wie ein zärtlicher Tanz wirke.
Mehrere Handlungsebenen verdeutlichen den Kontrast zwischen Liebe und Hass: Während das Paar beispielsweise auf dem Balkon „tanzt“, gehen die verfeindeten Gruppen drohend aufeinander zu. Wenn ein Akteur einem seiner Gegner die Frage stellt: „Warum hasst du mich so? Das ist doch nicht unser Hass, du kennst mich doch gar nicht?“, klingt das schon fast politisch.
Bei Kampfszenen kommt es auf das Timing an
Natürlich beeinflusse die aktuelle politische Entwicklung auch die Darstellung der Kinder und Jugendlichen, bei der laut Dibbern „viel Drama und Tragödie im Spiel ist“. Das Geschehen gipfele in einem regelrechten Showdown in der Sakristei, der aber „eine unerwartete Wendung nimmt“.
Besonders herausfordernd sei eine Kampfszene. „Das Geschehen soll überzeugend dargestellt werden“, sagt Dibbern. Damit die Illusion entsteht, dass Tybalt (Jonas Blunck) Romeo tatsächlich zusammenschlägt, müssen Geräusche und Bewegungen perfekt zusammenpassen. Ob es der Liebe gelingt, trotz Kampfgetümmel und Streitigkeiten doch noch über den Hass zu siegen, erfährt das Publikum bei den Vorstellungen.
Theater Fr 20.5., 19.00, Sa 21.5., 18.00, So 22.5., 17.00, Marstall, Lübecker Straße 8, Karte Erw. 14,–, Ki. 10,–, Vvk.: Buchhandlung Stojan, Hagener Allee 3a und unter www.marstall-ahrensburg.de
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