Bargfeld-Stegen/Hamburg. Auf dem Grundstück des Kunden sieht es nach Arbeit aus. Wo vor drei Wochen noch ein Garten war, ist nun Baustelle. Die alte Terrasse, Sträucher und Bäume sind weg, stattdessen sind nun Bagger, Schubkarre, Holz und Steine auf dem Gelände verteilt. Der Eigentümer war mit seinem Garten unzufrieden, hat den Garten- und Landschaftsbaubetrieb Gaerten von Hoerschelmann beauftragt, ihn umzugestalten.
Es ist frisch an diesem kühlen Novembermorgen, doch das stört Kim Uphoff, Lea Petit und Lisa Musehold nicht im geringsten. Seit 6.30 Uhr sind die Auszubildenden mit Gummistiefeln und Funktionskleidung auf der Baustelle im Dienst, beschneiden Büsche, bearbeiten Holz, verlegen Steine. Das Besondere: Eigentlich ist der Beruf des Garten- und Landschaftsbauers ein typisch männlicher. Doch in diesem Jahr hat der Betrieb aus Bargeld-Stegen nur weibliche Auszubildende am Start. Kim Uphoff und Lea Petit sind seit August und Lisa Musehold seit Oktober dabei. Die hundertprozentige Frauenquote ist durchaus ungewöhnlich. Gerade mal 10 Prozent der Auszubildenden sind laut Auskunft der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein weiblich.
Andere Betriebe haben manchmal Vorurteile
Garten- und Landschaftsbauer bauen und pflegen Gärten – wie der Name schon sagt. Der Aufgabenbereich reicht vom Pflanzen beschneiden über Beete anlegen bis hin zum Bauen von Terrassen. Dass den Beruf eher Männer ergreifen, hat seinen Grund: Garten- und Landschaftsgärtner müssen schon mal schwer anpacken, Steine schleppen, Maschinen bedienen.
Das schreckt Frauen manchmal ab – aber auch Arbeitgeber. „Kollegen aus anderen Betrieben haben manchmal Vorbehalte, weibliche Auszubildende einzustellen“, sagt Klaaß Plagmann, Gärtnermeister und Geschäftsführer der Gaerten von Hoerschelmann. Bei ihm ist das zum Glück nicht so. „Wir haben überhaupt keine Vorurteile oder Berührungsängste.“ Ob männlich, weiblich oder divers – bei dem Betrieb ist jeder willkommen, solange er gute Arbeit leistet und Spaß dabei hat. Alle drei Frauen haben sich beworben – alle drei haben überzeugt. Und: Alle drei sind über Umwege zum Garten- und Landschaftsbau gekommen.
Lea Petit sehnte sich nach praktischer Arbeit
Kim Uphoff aus Bad Oldesloe hat eine Ausbildung zur Ergotherapeutin absolviert. Die Lehre hat sie zwar abgeschlossen, merkte aber früh, dass der Beruf nichts für sie ist. „Ich wollte kreativ sein und etwas mit meinen Händen erschaffen.“ Ein Praktikum bei den Gaerten von Hoerschelmann überzeugte sie schließlich.
Historische Musikwissenschaft war das Fach an der Uni Hamburg, das Lea Petit drei Semester lang studierte, bevor sie einen anderen Weg einschlug. „Es war mir zu theoretisch, ich habe mich nach praktischer Arbeit gesehnt“, erzählt die 23-Jährige aus Lütjensee. Ihre Liebe zu Pflanzen brachte sie zum Garten- und Landschaftsbau.
Auszubildende schätzen die Vielseitigkeit
Für Lisa Musehold war es ihr freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) an einer Waldorfschule bei Walsrode, das ihre Begeisterung für die Natur entfachte. Dort bewirtschaftete die 21-Jährige einen Gemüsegarten und half im Unterrichtsfach Gartenbau aus. „Eigentlich wollte ich nach dem FÖJ Maßschneiderin werden“, erinnert sich die Sülfelderin. Aber die Arbeit an der frischen Luft machte ihr so viel Spaß, dass sie umdisponierte.
Bis jetzt hat keine der Frauen ihre Entscheidung bereut: im Gegenteil. „Der Beruf ist wahnsinnig vielseitig“, sind die Auszubildenden sich einig. Außerdem schätzen sie das Arbeiten an der frischen Luft. „Was gibt es Schöneres, als bei der Arbeit Vogelgezwitscher zu hören?“, fragt Lea Petit. Und: „Es ist eine sehr befriedigende Arbeit. Wenn man den ganzen Tag geschuftet hat und am Ende das sieht, was man geschafft hat, ist die Freude groß“, so die 23-Jährige.
Dass die jungen Frauen den Weg in den Stormarner Betrieb gefunden haben, ist nicht nur für sie, sondern auch für Plagmann eine große Freude. „Sie sorgen zum Beispiel für einen ruhigeren Umgangston auf der Baustelle“, erzählt er und lacht. „Diesen ruppigen Ton, den man vom Bau kennt, gibt es bei uns nicht.“ Auch bei den Kunden kommt die Frauenpower super an.
Wenn die Arbeit mal anstrengend wird, helfen Maschinen
Und: „Bei den drei Frauen war mir sofort klar, dass sie fest im Leben stehen und wissen, was sie wollen.“ Ebenso wie das Handwerk insgesamt boomt auch der Garten- und Landschaftsbau. Die tatkräftige Unterstützung kann er deshalb gut gebrauchen. Weil alle drei Azubinen Abitur oder bereits eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, können sie die eigentlich dreijährige Ausbildung auf zwei Jahre verkürzen.
Wenn es mal richtig anstrengend wird, dann helfen Maschinen meist, die Aufgabe zu bewältigen. Baustellenleiter und Ausbilder Thimo Denker, der seit 2012 im Betrieb arbeitet, passt auf, dass seine Auszubildenden sich nicht verletzen. Dass sie Frauen sind, empfinden sie nicht als Nachteil – weil sie die wichtigen Voraussetzungen für den Beruf mitbringen: Einen grünen Daumen, Spaß am Gestalten und kein Problem damit, sich die Finger schmutzig zu machen. Der Garten, an dem sie momentan arbeiten, soll übrigens in sechs Wochen fertig sein. Darauf freuen sich die drei: „Das ist das Schönste: Wenn der Kunde das Ergebnis sieht und vor Freude strahlt.“
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