Bargteheide/Volksdorf. Wenn Hendrikje Witt (36), Sophie Schmidt (23) und Felix Kirschstein (21) über ihre Erlebnisse aus dem Konficamp berichten, klingt in jedem ihrer Sätze Begeisterung mit. Die drei betreuen alljährlich als sogenannte Teamer Konfirmanden während eines elftägigen Vorbereitungscamps auf einem Zeltplatz an der Ostsee, kurz Konficamp. Es sind Erfahrungen, wie sie bislang Tausende Konfirmanden aus neun Kirchengemeinden in Stormarn, den Walddörfern und dem Alstertal erleben durften. Sie erzählen von neu entstandenen Freundschaften, gelebter Gemeinschaft, gemeinsamen Werten und einem lebendigen Glauben.
Ohne Jugendarbeit ist Zukunft der Kirche ungewiss
Ein Gewinn für die Jugendlichen und den Kirchenkreis Ost gleichermaßen, möchte man meinen. Gerade in Zeiten, in denen die Institution Kirche durch unsicheres Fahrwasser navigieren muss. Ob sie überhaupt eine Zukunft hat, steht und fällt mit dem Engagement nachwachsender Generationen. Und dabei dürfte die Jugendarbeit eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen.
Doch die Kirche will, muss aufgrund sinkender Kirchensteuereinnahmen sparen. Wenn der Rotstift ins Spiel kommt, könnten ganz schnell auch vermeintlich verzichtbare Projekte auf der Streichliste stehen. Aus Sicht der in der kirchlichen Jugendarbeit engagierten Ehrenamtlichen wie Kirschstein, Schmidt und Witt gehört das Konficamp allerdings ganz klar zu den unverzichtbaren Projekten.
Derzeitiger Träger kann Konficamp nicht weiterführen
Und weil es aufgrund ungeklärter Finanzierung ab 2022 auf der Kippe steht, hat Felix Kirschstein gemeinsam mit Mitstreitern ein Schreiben an die Synode verfasst. Denn der bisherige Träger, die Kirchengemeinde Bargteheide, kann das Konficamp in seiner bisherigen Form nicht weiterführen.
In seinem Brief wirbt Kirschstein um Unterstützung und verweist auf den großen Einsatz von 170 ehrenamtlichen Teamern, Jugendmitarbeitern, Diakonen und Pastoren. „Nur durch die unzähligen Stunden der ehrenamtlichen Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung und das Herzblut, den Tatendrang und die (Eigen-)Initiative kann dieses Projekt seit 2005 bisher rund 7300 Konfirmand:innen eine erlebnisreiche und eindrucksvolle Zeit bescheren“, schreibt er.
Pastor im Hinblick auf Weiterbestehen optimistisch
Einer der Pastoren, die das Projekt begleiten, ist der Bargteheider Tim Ströver. Er sagt: „Pastor Andreas Feldten und ich sind die Aktiven beim Konficamp und wurden vom Kirchengemeinderat mit der Geschäftsführung des Projekts betraut.“ Lange Zeit seien sie zu dritt gewesen, jetzt nur noch zu zweit. Die finanziellen und pastoralen Ressourcen würden perspektivisch eher geringer. Damit müssten die Rahmenbedingungen des Camps neu definiert werden. Dazu zähle eine neue Trägerschaft. „Ich bin guter Hoffnung, dass das Projekt weitergeführt werden kann“, sagt der Pastor.
Remmer Koch, Pressesprecher im Kirchenkreis Ost, bestätigt die schwierige Lage. Das Camp sei in der Trägerschaft von Kirchengemeinden, die es in der Zukunft so nicht mehr finanzieren könnten. Er sagt: „Weil die Kirchengemeinden in Not geraten sind, haben sie sich an den Kirchenkreis gewandt.“ Das Konficamp sei „ein gutes Modell“, so Koch, der den Eingang des Schreibens an die Synode bestätigt. Es würden derzeit Gespräche geführt, „ob zu einer Lösung gefunden werden kann“.
Ziel für die Online-Petition liegt bei 2500 Stimmen
Doch allein darauf wollen sich die Teamer nicht verlassen. Auf der Plattform change.org haben sie eine Online-Petition unter der Überschrift „Rettet das KonfiCamp!“ gestartet. 2291 Menschen haben bereits dafür abgestimmt, das Ziel liegt bei 2500 Stimmen. Teamerin Hendrikje Witt fordert: „Die Kirche muss umdenken. Alle wissen: Wer Kirche erhalten will, braucht Kinder- und Jugendarbeit.“ Im Gegensatz zu Jüngeren hätten Ältere eine starke Lobby, was immer wieder zu Blockaden führe. Es gehe um die Frage der Priorisierung. „Investiere ich in Gebäude oder den Nachwuchs“, bringt es Witt auf den Punkt.
Felix Kirschstein bemängelt, dass der Gemeinschaftsgedanke zwar ganz oben stehen solle, aber jeder dann doch sein Projekt als wichtigstes ansehe. Durch das Konficamp würden die Teilnehmenden eine neue Form von Kirche erfahren. „So wollen wir die Zukunft des Glaubens fortführen“, sagt Kirschstein.
Sinn ist Erfahrung von Glauben und Gemeinschaft
Witt ergänzt: „Für uns ist die Kirche Gemeinschaft, das steht bei uns im Fokus.“ Es gehe auch um ein Lebensgefühl, so Sophie Schmidt, das man den Konfirmanden mitgebe. „Die Jugendlichen werden so akzeptiert, wie sie sind, und gehen gestärkt aus dem Aufenthalt hervor.“ Im Konficamp werde Glauben als etwas Aktives vermittelt, das die Gemeinschaft präge.
Wie gut das gelingt, zeigt die große Gruppe aktiver Unterstützer, die zum Großteil aus ehemaligen Konfirmanden besteht. Freiwillig opfern viele einen Teil ihres Jahresurlaubes, um beim Aufbau des Camps zu helfen, Küchendienst zu leisten, zu unterrichten, Spiele und Aktionen zu organisieren oder Unterricht zu geben. Witt sagt: „Kirche ist unattraktiv, wenn man keine Angebote hat.“
Auf die Frage, was passiert, wenn der Kirchenkreis das Konficamp sterben lässt, sagt Schmidt: „Unsere ganze Jugendarbeit würde sich auflösen.“ Kirschstein gibt an, dass er alle Ämter ruhen lassen würde. Und Witt meint: „Wenn sich der Kirchenkreis aktiv dagegen entscheidet, würden wir schauen, ob wir mit dem Team woanders aufspringen.“ Das wäre dann abseits von Kirche.
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