Verkehr

Neues Kapitel in Reinbeker Radweg-Posse

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René Soukup
Hans Kaphengst (v.l.), Bettina Schwarz, Didi Kaphengst, Jürgen Hoch und Hans-Jürgen Callsen vor dem neuen Schild am Heideweg im Reinbeker Stadtteil Neuschönningstedt. Sie fordern, dass der Seitenstreifen wieder in beide Richtungen mit dem Rad befahrbar ist.

Hans Kaphengst (v.l.), Bettina Schwarz, Didi Kaphengst, Jürgen Hoch und Hans-Jürgen Callsen vor dem neuen Schild am Heideweg im Reinbeker Stadtteil Neuschönningstedt. Sie fordern, dass der Seitenstreifen wieder in beide Richtungen mit dem Rad befahrbar ist.

Foto: René Soukup

Streifen am Heideweg in Reinbek ist jetzt wieder zumindest in eine Richtung mit dem Rad befahrbar. Das reicht Bürgern aber nicht.

Reinbek. lm Reinbeker Stadtteil Neuschönningstedt am Heideweg sind seit Kurzem weiße Schilder installiert, auf denen ein Rad abgebildet ist und das Wort „frei“ steht. Zumindest in Richtung der Möllner Landstraße darf auf dem Streifen neben der Fahrbahn jetzt wieder in die Pedalen getreten werden, nachdem die Stadt den kombinierten Fuß- und Radweg im vergangenen Jahr umgewandelt hatte und Erwachsene dort nur noch zu Fuß unterwegs sein durften.

Daraufhin hatten Anwohner Alarm geschlagen. Auch die jetzige Regelung reicht ihnen nicht. Sie drängen darauf, dass alles wieder so wie früher wird und der Hunderte Meter lange Abschnitt von Radfahrern in beide Richtungen offiziell genutzt werden kann – und jene, die zum Einkaufszentrum strampeln, von der Straße wegkommen. Es ist ein neues Kapitel in der Reinbeker Radweg-Posse.

Bürger sehen hohes Gefahrenpotenzial auf der Straße

Als Grund für die Änderung in 2018 führte die städtische Verkehrsaufsicht eine Novellierung der Radwegebenutzungspflicht durch den Gesetzgeber an. Sie hätte nicht eingegriffen bei einer durchgängigen Breite von mindestens 2,50 Meter. Der Weg kommt aber nur auf 2,45 Meter – es fehlen also fünf Zentimeter. Der frühere CDU-Stadtverordnete Hans Kaphengst (80) lebt seit mehr als 45 Jahren auf der Ecke und initiierte mit Nachbarn den Protest. Er hat bisher 40 Unterschriften gesammelt, stoppte die Aktion aber, weil sich Bürgermeister Björn Warmer persönlich einschaltete und bei zwei Vorortterminen das Gespräch suchte. Herausgekommen ist die jetzige Lösung mit den neuen Schildern. Das impliziert laut Jenny Laue, Leiterin der Reinbeker Verkehrsaufsicht, das Vorankommen in Schrittgeschwindigkeit – fünf bis sieben Kilometer pro Stunde.

„Es gibt einen gewissen Ermessensspielraum. Wir haben das Thema mit den Kollegen in der Verwaltung noch einmal diskutiert“, sagt der Verwaltungschef. Hoffnung auf eine Befahrbarkeit in beide Richtungen wolle Warmer den Bürgern aber nicht machen. Kaphengst, Hans-Jürgen Callsen und Jürgen Hoch bleiben jedoch hartnäckig und wollen sich mit dem derzeitigem Stand nicht anfreunden. Das Gefahrenpotenzial sei zu hoch auf der Straße, argumentieren sie. „Junge Leute mit großen Autos brettern hier wie die Bekloppten entlang“, berichtet Hoch. Auf dem Heideweg ist Tempo 50 erlaubt. Tatsächlich fahren viele Autos wesentlich schneller.

Aus Angst vor einem Unfall hält sich Kaphengst nicht an die Regel und fährt mit dem Rad auch zum Einkaufszentrum auf dem Weg. „So fühle ich mich jedenfalls sicher, auch wenn mich das zehn oder 25 Euro kosten sollte, wenn man mich dabei erwischt“, sagt der Rentner und fügt hinzu, dass die anderen es genauso machten.

Die Anlieger wollen jetzt weiter Unterschriften sammeln

Der Christdemokrat und Gleichgesinnte setzten sich schon in den 90er-Jahren für das Wohl der Radfahrer in Neuschönningstedt ein, wirkten darauf hin, dass der Gehweg auf der westlichen Seite um einen Meter verbreitert wurde, somit offiziell in beide Richtungen zugänglich war. Gleichzeitig wurde die Fahrbahn verengt. Im Schnitt zahlten Grundstückseigner in der Umgebung 800 Mark für die Umgestaltung. Kaphengsts Nachbarin Bettina Schwarz darf den Weg richtungsunabhängig befahren, wenn sie ihre Kinder begleitet. Jungen und Mädchen bis zum vollendeten achten Lebensjahr müssen ihn nutzen, bis Zehnjährige haben die Wahl. Die 38-Jährige sagt zum Abendblatt: „Er ist nur so zugewachsen, dass ich im Sommer in den Brennnesseln gelandet bin.“

Auf einem langen Abschnitt nimmt das üppige Grün ein Drittel der Wegbreite ein. Für die Beseitigung ist ein privater Eigner zuständig. Anwohner sehen die Stadt in der Pflicht, hier Druck zu machen. Bürgermeister Warmer sagte dem Abendblatt, er habe das Problem den zuständigen Kollegen mitgeteilt. Hans Kaphengst will jetzt weitere Unterschriften sammeln und das Schriftstück noch in diesem Jahr bei einer Stadtverordnetenversammlung dem Bürgermeister überreichen. Björn Warmer sieht das Gesetz zur Radwegebenutzungspflicht übrigens kritisch, sagt über die aktuelle Fassung: „Ich zweifle, ob es praxistauglich ist und den Bedürfnissen von Radfahrern sowie Fußgängern entspricht.“

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