Ahrensburg. Das Amtsgericht Ahrensburg hat den 19 Jahre alten Asylbewerber Ruhan P. (alle Namen geändert) wegen sexueller Nötigung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, die er als Haftstrafe absitzen muss. Er war auch wegen Kindesmissbrauchs angeklagt, der ihm aber nicht nachgewiesen werden konnte. Dem Afghanen wurde vorgeworfen, im Mai ein 13-jähriges Mädchen in der Nähe der Flüchtlingsunterkunft am Sandkamp in Bad Oldesloe gegen dessen Willen geküsst, unter dem BH berührt und unter stoßenden Bewegungen auf dem Boden einer Wiese fixiert zu haben. Im Prozess warf jedoch auch das Verhalten des Opfers Fragen auf, das sich bei einem vorangegangenen Trinkgelage freizügig verhalten und falsche Altersangaben gemacht haben soll.
Am zweiten Prozesstag sagten neben zwei Kriminalbeamtinnen, die das Opfer vernommen hatten, auch zwei Flüchtlinge aus, die an der Runde teilgenommen hatten. Erst danach bezog auch der Angeklagte Stellung zu den Vorwürfen. Nach Auffassung des Gerichts ist durch Zeugenaussagen gesichert, dass sich das Opfer mit zwei Freundinnen (16 und 17) durch ein Fenster in die Flüchtlingsunterkunft begab, dort mit zwei Bewohnern und einem weiteren Flüchtling einen geselligen Nachmittag verbrachte. Dabei wurde Alkohol getrunken und Marihuana geraucht.
Richter verweist auf sexuelle Selbstbestimmung der Frauen
Die Gespräche sollen immer wieder um das Thema Sex gekreist, es zum Austausch von Zärtlichkeiten gekommen sein. Wer mit wem intim geworden ist, darin unterscheiden sich die Aussagen. Unterbrochen wird die Runde vom Wachdienst der Unterkunft, er verständigt Personal der betreuten Wohngruppe, in der die zwei älteren Mädchen leben. Warum Nora G. von den Betreuern und dem Wachdienst zurückgelassen wird, bleibt unklar. Als sie die Unterkunft wieder durch ein Fenster verlassen will, folgt ihr der Angeklagte. Auf einem Feldweg bekommt er einen von ihm eingeforderten Kuss, beide gehen weiter, stürzen wenig später. Ob der nun folgende Körperkontakt „wie es Partner tun“, wie Ruhan P. sagt, einvernehmlich war, darin unterscheiden sich die Aussagen. Außerdem wechseln die Angaben des Angeklagten, wie er das Mädchen berührt haben will und ob dies in der Unterkunft oder draußen geschehen sei.
Nach Angaben der Staatsanwältin hat sich Nora G., die zu ihrem Schutz unter Ausschluss der Öffentlichkeit befragt wurde, durch Wegdrücken, Tritte und Schreie gewehrt und schließlich losgerissen. Erst dann hat der Angeklagte von ihr abgelassen und ist zurück zur Flüchtlingsunterkunft gegangen, während das Mädchen zur nahegelegenen Bundesstraße 75 lief und dort auf Passanten traf, die die Polizei verständigten.
Vorstrafe und Widersprüche nähren Zweifel an Version des Angeklagten
In seiner Urteilsbegründung erklärte der Richter die Verurteilung trotz gegensetzlicher Aussagen wie folgt: „Nach der Beweisaufnahme sieht es das Gericht als erwiesen an, dass Sie sich mit Gewalt und gegen ihren Willen dem Mädchen genähert und sexuelle Taten begangen haben.“ Die Verurteilung in einem ähnlichen Fall nähre Zweifel an seiner Darstellung, der Verstoß gegen Bewährungsauflagen mache nun eine Haftstrafe erforderlich. Der Richter: „Sie müssen verstehen, das Sie in Deutschland – wie in aller Welt – die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen zu achten haben.“ Dass sich P. erst nach Anhörung aller Zeugen äußerte, legte ihm das Gericht als Taktik aus, um seine Aussage anpassen zu können.
Zugunsten des Angeklagten sagte der Richter: „Die Mädchen haben sich auch für deutsche Verhältnisse übermäßig frivol dargestellt.“ P. habe das Opfer deshalb zumindest für 14 oder älter halten können, weshalb das Gericht von einer Verurteilung wegen Kindesmissbrauchs absah. Positiv wertete es auch, dass Ruhan P. relativ schnell von Nora abgelassen habe. Gegen das Urteil können noch Rechtsmittel eingelegt werden.
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