Bad Oldesloe. „Ich halte es nicht mehr aus.“ Diese Worte hören die Mitarbeiter des Pflegenottelefons immer wieder. Menschen, die ihre Angehörigen pflegen, stoßen oft an ihre Grenzen. „Sie sind überfordert und fühlen sich hilflos“, sagt Anke Buhl von der Beratungsstelle in Kiel.
Sie kennt die kritischen Situationen in der Pflege nur zu gut. 1999 ist das Pflegenottelefon vom Sozialministerium ins Leben gerufen worden. „Der ausschlaggebende Punkt war damals die Gewalt in der Pflege, die auch heute noch immer wieder Thema ist. „Wir wollen verhindern, dass es dazu kommt“, sagt Buhl. Deswegen sind die Berater täglich rund um die Uhr erreichbar. „Auch an Feiertagen wie Weihnachten, weil es insbesondere dann zu Krisen in der Familie kommt.“
Die Helfer geben Tipps, wie Situationen entschärft werden können und vermitteln Hilfe. Neben Sozialarbeitern, Psychologen und Ärzten sind auch Juristen über das Pflegenottelefon zu erreichen. „Ein Großteil der Anrufer sind Kinder oder Enkelkindern von Pflegebedürftigen“, sagt Buhl. Mal rufen sie aus Sorge, mal aus Wut an. „Beides ist menschlich – das vermitteln wir und versuchen zu helfen.“
Das Pflegenottelefon ist kostenlos und neutral
Dabei arbeitet das Pflegenottelefon mit dem Pflegestützpunkt Stormarn in Bad Oldesloe zusammen. „Unser Angebot ist kostenlos, unabhängig und neutral“, sagt Carina Wrage, Sozialarbeiterin beim Pflegestützpunkt, der in der Kreisverwaltung untergebracht ist. „Wir informieren über Heime, Pflegedienste, Haushaltshilfen, Essen auf Rädern und viele andere Dinge“, sagt Wrage. Darüberhinaus erfahren Hilfesuchende, was ihnen zusteht und in welchem Umfang. Beispielsweise gibt es seit vergangenem Jahr die Möglichkeit, Familienpflegezeit zu nehmen. „In akuten Situationen kann der Arbeitnehmer zehn freie Tage nehmen, um unter anderem Anträge zu stellen oder medizinische Entscheidungen zu treffen“, sagt Anke Buhl.
Ferner können sich Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum für die Pflege von Angehörigen freistellen lassen, bekommen dann aber keine Lohnfortzahlung. Neben den Angehörigen von Pflegebedürftigen melden sich auch zahlreiche Senioren bei den beiden Beratungsstellen. „Sie wollen vorsorgen, und das sollte jeder machen“, sagt Buhl. Denn dann könnten die Menschen noch mit kühlen und klaren Kopf entscheiden, welche Hilfe sie sich vorstellen können. „Auch wenn jemand zu Hause gepflegt werden möchte, müssen dafür Vorbereitungen getroffen werden“, sagt sie. Die kleinste Gruppe der Hilfesuchenden sind die Pflegebedürftigen selbst, was Wrage und Buhl ändern wollen. Gesetzlich ist beispielsweise schon vorgeschrieben, dass die Nummer der Pflegenottelefons in jeder Pflegeeinrichtung öffentlich ausgehängt werden muss.
In Stormarn gibt es rund 7000 Pflegebedürftige
59 Heime gibt im Kreis Stormarn. Hinzu kommen 35 Pflegedienste und acht Tagespflegen. Laut Carina Wrage gibt es rund 7000 Pflegebedürftige in Stormarn. „Das sind Menschen, die im gesetzlichen Sinne Anspruch auf Pflege haben“, sagt Wrage und nennt diese Zahl „nur einen Ausschnitt“. Denn nächstes Jahr dürfte diese Zahl deutlich steigen, wenn es neue Pflegegrade gibt und somit viel mehr Menschen einen Anspruch bekommen. Bisher werde nur eine körperliche Pflegebedürftigkeit anerkannt. Einige Demenzkranke hätten so bislang keinen Anspruch auf Unterstützung.
60 Prozent aller Pflegebedürftigen werden von Familienangehörigen gepflegt. „In Deutschland gibt es dazu eine hohe Bereitschaft. Viele sagen sich: ,Meine Mutter oder mein Vater kommen nicht ins Heim’“, sagt Buhl. Nur etwa 20 Prozent nehmen sich zur Unterstützungen einen Pflegedienst.
Die Helfer des Pflegetelefons sind unter der Nummer 01802/49 48 47 rund um die Uhr erreichbar
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