Gesundheitspreis-Kandidat: Alzheimer Gesellschaft hat sich zum Ziel gesetzt, Angehörige von Patienten zu entlasten

Ahrensburg. Als Helma Schuhmachers Vater Alzheimer bekam, wusste sie wenig über die Krankheit. Sie wusste nicht, dass er nicht einfach ein bisschen tüddelig war. Sie wusste nicht, wie sie sich als Angehörige verhalten sollte. Und sie wusste auch nicht, was sie tun sollte, als ihr Vater sie beschuldigte, seine Uhr geklaut zu haben. "Ich habe geheult", sagt sie heute. "Ich habe nicht verstanden, dass die Krankheit mich beschuldigt und nicht mein Vater." So sei das, die Erkrankten könnten sich nicht mehr auf sich selbst verlassen, würden unsicher und misstrauisch. "Und dieses Misstrauen geben sie an ihr Umfeld weiter", sagt Schuhmacher.

Heute weiß sie es und noch mehr. Heute ist sie Vorsitzende des Vereins Alzheimer Gesellschaft Stormarn. "Als mein Vater starb, wusste ich: Wenn ich noch mal etwas ehrenamtliches mache, dann für den Umgang mit dieser Krankheit", sagt sie. Weil Alzheimer so tabubesetzt ist. "Viele schieben die Krankheit weg und sagen, die Betroffenen sind vergesslich", sagt Schuhmacher. Aber es ist eben doch etwas anderes, ob man vergisst, wo der Schlüssel liegt oder wie die Frau heißt, die man geheiratet hat.

Alzheimer ist die häufigste Form der Demenzerkrankungen, den Erkrankungsbildern, bei denen die Betroffenen unter einem Verlust der geistigen Funktionen wie Denken, Erinnern und Orientieren leiden. In Deutschland sind rund 1,3 Millionen Männer und Frauen von Alzheimer oder einer anderen Form der Demenz betroffen.

Um für diese Krankheit zu sensibilisieren, gibt es den 21. September, den Welt-Alzheimertag. "Das ist für uns der wichtigste Tag im Jahr", sagt Helma Schuhmacher. Denn an diesem und um diesen herum wird ein Programm auf die Beine gestellt. Es werden Filme gezeigt, Vorträge und Gottesdienste gehalten und es wird informiert. Auch in Stormarn. In diesem Jahr beteiligt sich die Alzheimer Gesellschaft an Ständen auf Seniorenmessen, baut auf dem Ahrensburger Rondeel einen Infotisch auf und veranstaltet einen Abend mit dem Oldie-Kabarett. Unter anderem. Mit diesem Programm hat sich die Stormarner Alzheimer Gesellschaft um den Gesundheitspreis 2011 beworben.

Aber die Arbeit der ehrenamtlichen Helfer ist auch und vor allem, die Angehörigen zu entlasten. Denn mehr als die Hälfte der pflegebedürftigen Demenzkranken wohnt zuhause. Es leiden unter der Krankheit also nicht nur die Patienten, sondern auch deren Familien. "Deshalb bieten wir Gruppen an, in denen wir erkrankte Menschen einen Vormittag lang betreuen", sagt Schuhmacher. In kleiner Runde wird im Sitzen getanzt, gesungen und über ein bestimmtes Thema gesprochen, über Ferien und das Oktoberfest zum Beispiel. Oder es werden Ausflüge unternommen, zum Eiscafé oder in eine Kirche. Gemeinsam mit einer in der Altenpflege erfahrenen Krankenschwester betreuen geschulte Helfer die Kranken.

"An diesen Vormittagen können die Angehörigen dann mal zum Friseur gehen, zum Arzt oder einfach eine Runde schlafen, weil die Nacht davor so anstrengend war", sagt Helma Schuhmacher. "Dafür sind sie sehr dankbar." Auch der Austausch mit anderen Familien sei wichtig. "Familien mit Alzheimererkrankten vereinsamen sehr schnell", sagt Schuhmacher. "Die Krankheit ist für Außenstehende sehr schwer zu durchschauen. Viele ziehen sich deshalb zurück." Es helfe, die Erkrankung offen zu kommunizieren. Etwa zu sagen: Mein Mann hat Alzheimer, bitte stellt euch darauf ein. "Freunde können damit umgehen, aber sie müssen Bescheid wissen", sagt Helma Schuhmacher.

Auch die Ratschläge der Ehrenamtler sind hilfreich, früher hätte Schuhmacher diese selbst gebrauchen können, heute kann sie sie geben. Diesen zum Beispiel: "Validation ist der Schlüssel." Validation, das bedeutet, dem Erkrankten ein Gegenüber zu sein, das seine Lebenssituation versteht. Wenn jemand sage, er müsse seine Schwester von der Schule abholen, müsse die Antwort nicht sein, dass diese doch inzwischen 70 Jahre alt ist. Sondern man könne auch sagen: "Ja, es wird bald Zeit." "Man muss sich bemühen, die Erlebnisse des Erkrankten zu erkennen und dann dafür sorgen, dass er sich wohl fühlt", sagt Schuhmacher, und fügt hinzu, dass das sehr schwer sei. Es gebe Angehörige, die das nicht könnten, die mit der Erkrankung nicht klar kämen.

Bei ihrer Mutter sei das auch so gewesen. "Sie war im selben Altersheim wie mein Vater, hat sich aber sehr rausgezogen. Die seelische Fürsorge habe ich übernommen", sagt sie. Mit dem heutigen Wissen würde sie ihre Mutter anders an die Krankheit heranführen. "Sie hatte selbst nicht das Gefühl, dass sie sich nicht kümmert", sagt sie. "Damals habe ich das so akzeptiert." Helma Schuhmacher war Apothekerin. Daher habe sie schon immer mit der Gesundheit zu tun gehabt. Und nun tut sie das eben weiter, ehrenamtlich.