Unternehmen will auf Gelände der ehemaligen Tierversuchsanstalt in Barsbüttel bis zu 190 Wohneinheiten bauen

Barsbüttel. Gepflegt ist die Anlage der ehemaligen Tierversuchsanstalt im Barsbütteler Ortsteil Willinghusen noch immer, obwohl der Betrieb bereits am 31. März 2013 eingestellt wurde. Der japanische Pharmakonzern Takeda hält Fläche und Gebäude in Schuss. Versuche des Eigentümers, das Areal zu verkaufen, scheiterten jedoch. Auch die Gemeinde sieht von einem Erwerb ab (wir berichteten). Sie hätte für vier Millionen Euro den Zuschlag erhalten. Doch den Politikern ist das mit zu viel Risiko behaftet, auch die Erschließungskosten von mindestens drei Millionen Euro sind ihnen zu hoch. Jetzt gibt es einen neuen Interessenten: Das Wohnungsunternehmen Semmelhaack mit Sitz in Elmshorn wird noch in dieser Woche Kontakt mit dem Besitzer aufnehmen. Pläne, wie sich das 4,8 Hektar große Grundstück gestalten könnte, sind geschmiedet.

Bereits vor zwei Wochen, noch bevor sich der Finanzausschuss gegen den Grundstückskauf aussprach, hatte Hartmut Thede, Leiter der Projektentwicklung bei Semmelhaack, Bürgermeister Thomas Schreitmüller und den Fraktionsvorsitzenden ein Generationenkonzept inklusive Quartiersmanagement vorgestellt. Es sah in den beiden bereits bestehenden hochwertigen Immobilien eine gewerbliche Nutzung vor und den Bau von weiteren 140 Wohneinheiten. „Das Konzept ist bei uns auf große Zustimmung gestoßen“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Hermann Hanser. Zur Realisierung wird es aber in exakt dieser Form nicht kommen. Auch eine finanzielle Kooperation zwischen dem Unternehmen und der Gemeinde ist ausgeschlossen.

„Wir haben alles noch einmal durchdacht und sind zum Schluss gekommen, dass für uns nur eine komplett wohnwirtschaftliche Nutzung machbar ist“, sagt Thede. Sollte sein Unternehmen zum Zug kommen und das Projekt in Eigenregie stemmen, will er die beiden Gebäude, für die 2005 und 2006 mehr als 20 Millionen Euro investiert wurden, abreißen. Thede: „Die Keller sind dort fünf Meter hoch. Ein Umbau in Wohnungen wäre teurer als ein Neubau.“

Wesentliche Bestandteile des Konzepts, welches er den Entscheidungsträgern vorgestellt hat, bleiben aber erhalten. Mit dem Unterschied, dass Semmelhaack genug Platz für 180 bis 190 Wohneinheiten auf dem Areal sieht. Und die verteilen sich so: 140 Wohnungen, davon sind 40 Prozent öffentlich gefördert, in Geschossbauweise, wobei die Gebäudehöhe maximal 10,5 Meter beträgt. Dazu zählen auch 24 Einheiten einer ambulant betreuten Hausgemeinschaft für Menschen mit Behinderung. Als Partner ist die Paritätische Pflege Schleswig-Holstein angedacht, das Quartiersmanagement soll rund um die Uhr erreichbar sein.

Die Besitzer und Mieter der 40 bis 50 Einzel-, Doppel- und Reihenhäuser könnten zudem haushaltsnahe Dienstleistungen wie Putzen, Gardinen- oder Gartenpflege in Anspruch nehmen. Auch ein sogenanntes Kernhaus mit Nachbarschaftskaffee sowie ein Shuttle-Service gehören zu dem Konzept. Ziel ist es, ein nachhaltiges Wohnquartier zu entwickeln mit der Ausrichtung auf Menschen mit Behinderung, Senioren, Singlehaushalte und Familien mit Kindern. Thede: „Es wäre ein Dorf im Dorf und könnte das neue Herzstück von Willinghusen werden.“

Bis zur Realisierung ist es noch ein weiter Weg. Laut Thede ist das Wohnungsunternehmen bereit, maximal vier Millionen Euro für das Grundstück zu zahlen. „Außerdem müssen wir die Bürger mitnehmen, und das letzte Wort hat ohnehin die Politik.“ Um dort Wohnungen zu erstellen, muss die Gemeinde den Bebauungsplan ändern. Zurzeit ist in ihm die Nutzung als Tierversuchsanstalt festgeschrieben.

Gerade bei den Bürgern muss die Firma Semmelhaack viel Überzeugungsarbeit leisten, um sie mit ins Boot zu nehmen. Bereits im vergangenen Jahr stellte ihnen ein von Takeda beauftragtes Planungsbüro ein Konzept mit 100 Wohneinheiten vor – und stieß damit bei vielen auf wenig Gegenliebe. Es bildete sich eine Interessengemeinschaft, die den dörflichen Charakter des Ortes erhalten und nicht mehr als 30 Wohnungen auf dem Gelände will.

„Wir müssen zwar auf eine Verträglichkeit achten, aber diese minimale Zahl halte ich für nicht realistisch“, sagt Rainer Eickenrodt, Fraktionsvorsitzender der Wählergemeinschaft Bürger für Barsbüttel (BfB). Er kenne bisher nur das ihm vorgestellte Konzept und halte es für vernünftig. Das Unternehmen Semmelhaack bezeichnet der Politiker als „seriösen Partner, der in Barsbüttel schon Projekte realisiert hat“. Er wolle keine Vorfestlegung treffen und könne 180 Einheiten auf dem Areal auch nicht ausschließen. „Erst einmal benötigen wir Details.“ Derselben Meinung ist auch Volkmar Dietel, Fraktionsvorsitzender der CDU: „Wenn es ein neues Konzept gibt, werden wir uns damit beschäftigen.“

Derzeit baut das Unternehmen Semmelhaack in Elmshorn das Generationenquartier Henry-Dunant-Ring mit demselben Konzept. Allerdings entstehen dort auf nur 2,7 Hektar 207 Geschosswohnungen in unterschiedlicher Größe und 17 Reihenhäuser. Die ersten 70 Mieter ziehen bereits im April ein. Thede: „In Willinghusen ist noch mehr Fläche vorhanden, wir garantieren einen harmonischen Bau.“