Weil Großhansdorf noch kein Online-Bürgerinformationssystem hat, führt es die FDP durch die Hintertür ein

Großhansdorf. Die Großhansdorfer FDP hat die Verwaltung der Gemeinde sozusagen auf der Außenbahn überholt. Die Partei stellte nämlich Protokolle von zwei Großhansdorfer Ausschusssitzungen des Vormonats auf ihre Homepage – und übernahm damit in Eigenregie einen Job, der gemeinhin Aufgabe der Verwaltung sein könnte. Der Hintergedanke dieser Aktion ist eine kleine politische Demonstration nach dem Motto: Seht her, es geht doch. Und zwar durchaus preiswert.

In einem der beiden von der FDP zur Verfügung gestellten Protokolle, dem der Hauptausschusssitzung vom 9.Februar, lässt sich nachlesen, worum es geht. Als Folge eines FDP-Antrages wurde die Verwaltung beauftragt, bei benachbarten Gemeinden vergleichbarer Größe, die ein Dokumentenverwaltungssystem nutzen, zu erfragen, welche Kosten und welcher organisatorische und personelle Aufwand dafür entstehen.

Welches Problem hinter dieser Frage steckt, erschließt sich jedem Bürger, der sich auf der Website von Großhansdorf über Sitzungen der Gemeindevertretung und der Ausschüsse, über Vorlagen und über die Ergebnisse informieren will: Er wird dort kaum fündig. Und wer das Angebot mit den Internet-Auftritten anderer Gemeinden in Stormarn vergleicht, wird feststellen: Deren Homepages sind deutlich bürgerfreundlicher.

Gemeinde Großhansdorf rechnet mit Kosten von 40.000 Euro

„Wir wollten zeigen, wie das besser geht, und haben für den Anfang einige Seiten gescannt und hochgeladen. Das werden wir fortsetzen und hoffen, damit Bewegung in die Sache zu bringen“, sagt Carsten Pieck, stellvertretender Vorsitzender des FDP-Bezirksverbands. Er und der Bezirksverbandsvorsitzende Hans-Karl Limberg wünschen sich schon seit längerer Zeit, dass Großhansdorf wie viele andere Stormarner Kommunen ein Online-Bürgerinformationssystem anbieten sollte, das raschen Zugriff auf Verwaltungsvorlagen, Anträge der Fraktionen und die öffentlichen Sitzungsprotokolle ermöglicht. Politiker wären dann umfassend mit den Informationen versorgt, die sie für ihre ehrenamtliche Arbeit brauchen. Und interessierte Bürger könnten jederzeit im Bilde sein. „Wir fordern Effizienz sowie mehr Bürgernähe und Transparenz“, sagt Pieck.

Wünschenswerter Nebeneffekt wäre, so Pieck, dass die Verwaltung nicht mehr Papierberge ausdrucken und per Post an die Politiker verschicken müsste. Das würde Zeit und auch Kosten einsparen.

Bislang stehe aber gerade das Kostenargument einer digitalen Reform im Wege, sagt Großhansdorfs Bürgermeister Janhinnerk Voß: „Wir bräuchten dafür ein Dokumentenverwaltungssystem, das uns 40.000 Euro kosten würde. Das Thema wurde oft debattiert, die Mehrheit der Politiker hat sich aber jedes Mal für den traditionellen Weg entschieden.“ Außerdem, so Voß, würden einige Politiker lieber auch weiterhin auf Papier informiert.

Seine Haltung zur Reform ist eindeutig: „Es geht auf keinen Fall, dass der eine ausschließlich Papier fordert und der andere digitale Informationen. Es muss einheitlich für alle sein.“ Bis zur nächsten Hauptausschusssitzung im Juni will Bürgermeister Voß die Ergebnisse einer Großhansdorfer Umfrage unter anderen Gemeinden vorlegen.

Eine nicht repräsentative Spontanumfrage des Hamburger Abendblatts hat ergeben, dass andere Städte und Gemeinden durchaus vom Nutzen der elektronischen Bürgerinformation überzeugt sind, dass aber nicht alle Lösungen vergleichbar sind, sodass im Einzelfall schwer von einem Modellcharakter gesprochen werden kann.

Die Stadt Glinde zum Beispiel verwendet ebenso wie ihre Nachbarin Reinbek das weit verbreitete Bürger- und Ratsinformationssystem Allris. Gudrun Siewert, Verfahrensverantwortliche dafür im Rathaus, berichtet, dass Glinde seit 2006 Politik und Bürger online informiere. Der laufende Betrieb koste inklusive der kompletten Betreuung und der System-Updates „unter 4000 Euro im Jahr“, sagt sie und fügt hinzu: „Der nächste Schritt wären Tablets für alle Stadtverordneten, so wie es in Wentorf bereits der Fall ist. Derzeit versenden wir die Unterlagen an die Politik noch als Papier.“ Bürgermeister Rainhard Zug zieht ein positives Fazit: „Das System erleichtert uns die Arbeit mit den politischen Gremien sehr und gibt den Bürgern einen schnellen Überblick über Sitzungen und Protokolle.“

Oststeinbek hat seit Anfang dieses Jahres ein Ratsinformationssystem, das als Modul in das bereits vorher von der Verwaltung seit 2003 verwendete Regisafe-Dokumentenmanagement implementiert wurde. Die Erweiterung kostete inklusive der Schulungen etwa 12.000 Euro, jährlich fallen ungefähr 1000 Euro Lizenzgebühren an.

Trittau will System bis 2016 einführen

Bereits seit 2006 seien Tagesordnungen, Sitzungsvorlagen und Protokolle als von den Verwaltungsmitarbeitern gescannte Dateien auf Oststeinbeks Internetauftritt zugänglich gemacht worden, sagt Bürgermeister Jürgen Hettwer. „Doch das war nicht ideal, weil zum Beispiel die Suchfunktion unvollkommen war. Jetzt dagegen sind wir mit einem sehr komfortablen Programm schon früh auf dem Laufenden. Wenn wir uns diszipliniert und strukturiert an das Programm halten, dann läuft das quasi automatisch und wird uns auch Ersparnisse bringen.“ Als nächsten konsequenten Schritt sieht auch Bürgermeister Hettwer die Ausstattung der Gemeindevertreter mit Tablets.

Soweit ist Trittau noch lange nicht. Noch arbeitet die Verwaltung quasi von Hand die notwendigen Informationen für Bürger und Politik als Scans ins System ein. Doch Bürgermeister Oliver Mesch will bis 2016 ein Ratsinformationssystem einführen und sich zum Beispiel beim Amt Siek informieren, das bereits mit einer solchen Software arbeitet. „Das ist ein Service, den wir anbieten müssen und der unsere Verwaltungsarbeit und den Workflow sehr vereinfachen kann“, sagt Mesch.

Dagegen stehen die Großhansdorfer noch ganz am Anfang der Digitalisierung. Carsten Pieck ist ebenso wie der Großhansdorfer FDP-Vorsitzende Hans-Karl Limberg, der beruflich in der Datenverarbeitung eines großen Verlags tätig gewesen ist, für einen behutsamen Einstieg: „Ein Dokumentenverwaltungssystem, das 40.000 Euro kostet, will auch die FDP nicht. Das kann sich die Gemeinde nicht leisten. Aber es wäre schon ein großer Fortschritt, wenn die Verwaltung die Vorlagen als PDF oder andere Dateien einstellen würden. Dabei wären wir auch gern behilflich.“