Immer wieder Verzögerungen: Gesellschaft löst sich auf. Kommen jetzt private Investoren zum Zug?

Bargteheide. Die sieben Gesellschafter der Bürgerwindpark Bargteheide GmbH & Co. KG ziehen die Reißleine: Einstimmig haben sie die Geschäftsführung beauftragt, die Gesellschaft schnellstmöglich aufzulösen. Sie sehen keine Chance mehr, dass sich in absehbarer Zeit am Ortsausgang in Richtung Jersbek drei 196 Meter hohe Windräder drehen und damit Geld in die Kassen der Bürger bringen werden.

„Die von der Kommunalpolitik gewünschte Bürgerbeteiligung möglichst vieler Kleinanleger, bei der das Risiko eines vollständigen oder teilweisen Kapitalverlustes nahezu ausgeschlossen ist, kann nicht mehr erreicht werden“, heißt es in einer Mitteilung der beiden ehrenamtlichen Geschäftsführer Stefan Körner und Joachim Teschke.

Damit endet für die Befürworter des Projekts nach mehr als drei Jahren Planung der Traum, dass sich alle Privathaushalte in der 16.000-Einwohner-Stadt quasi selbst mit Strom versorgen – und damit als Anteilseigner auch noch Geld verdienen können. Rund 25 Millionen Kilowattstunden (kWh) sollten die auf einem Acker am Glindfelder Weg geplanten Windriesen liefern, etwa 23,5 Millionen kWh verbrauchen die Bargteheider. Für die Gegner – allen voran die Bürgerinitiative Gegenwind Bargteheide mit ihren 1400 Mitgliedern – ist der Windpark am Stadtrand dagegen ein Albtraum.

„Es gab am Ende zu viele Erschwernisse, die einzeln lösbar gewesen wären, in der Summe aber nicht“, sagt Geschäftsführer Joachim Teschke, der auch Kämmerer im Rathaus ist. Dazu zählt er eine von der EU verhängte Stillstandsklausel, die die Stadt de facto handlungsunfähig mache, aber auch das Gerichtsurteil, dass der Regionalplan des Landes für Windflächen rechtswidrig ist.

Trotz aller Widrigkeiten wäre laut Teschke aktuell immer noch eine positive Rendite möglich. „Wir haben stets die vorsichtigste Wirtschaftlichkeitsberechnung gewählt“, sagt Teschke, „da ist noch Luft.“ Die sieben Gesellschafter – Kommunalpolitiker aus Bargteheide – waren sich jedoch einig, keinerlei finanzielles Risiko für die Bürger einzugehen. Sie selbst müssen jetzt wohl einen großen Teil ihrer Einlage von jeweils 10.000 Euro abschreiben.

Die Stadt könnte sogar auf sämtlichen Planungs- und Gutachterkosten sitzenbleiben – laut Bauamtsleiter Jürgen Engfer rund 370.000 Euro. Das Geld sollte die Bürgerwindkraft-Gesellschaft nach ihrem Start zurückzahlen.

Möglicherweise kommen jetzt allerdings private Investoren zum Zug – zumal die fertige Baugenehmigung ja beim Land liege. Joachim Teschke: „Ein Interessent war uns von Beginn an bekannt, ein zweiter hat sich vor Kurzem gemeldet.“ Offenbar sind auch schon Kontakte zu den Landwirten aufgenommen worden, denen die Felder gehören.

Nun liegt es an den Kommunalpolitikern, ob sie das Projekt weiter verfolgen oder nicht. „Die Situation ist nicht einfach“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Jürgen Weingärtner. Seine Partei diskutierte am Dienstagabend nach Redaktionsschluss über das Thema. Das Aus für die Idee, die Stadt autark mit Strom zu versorgen und die Bürger mit Anteilsscheinen über 1000 Euro zu beteiligen, ist für ihn „eine Riesen-Enttäuschung“.

Auch die CDU – ebenso wie SPD und Grüne Befürworter, den Strom aller Privathaushalte CO2-frei in Bürgerhand zu erzeugen – überlegt noch. „Die Unsicherheit bei der Windkraft ist auf allen Ebenen groß“, sagt der Fraktionsvorsitzende Claus Christian Claussen. Bisher sei es nicht der politische Wille gewesen, das Projekt auch mit anderen Investoren zu realisieren. Die Frage werde die CDU in aller Ruhe betrachten. Claussens Fazit: „Vielleicht waren wir mit unserer Idee der Zeit einfach nur ein bisschen voraus.“

Das sieht Norbert Muras, Fraktionsvorsitzender der Wählergemeinschaft für Bargteheide (WfB), ganz anders. „Jetzt steht alles auf Stopp“, sagt er. Deshalb vermutet er auch nicht, dass ein Privatinvestor Interesse an dem Projekt haben könnte. „Freiwillig macht doch niemand Verluste.“ Muras sieht nach dem jüngsten Urteil des Oberverwaltungsgerichts zum Regionalplan auf Jahre Stillstand, ehe neue Regeln gerichtsfest seien. „Hinzu kommt, dass das Land das Denkmalschutzgesetz verschärft hat. Auch Lärm- und Umweltgutachten müssten neu erstellt werden.“

Helga Dorer, Sprecherin der Bürgerinitiative Gegenwind Bargteheide, die über Jahre demonstriert und Beschwerden eingereicht hat, ist „erst mal erfreut“ über die neue Entwicklung. Sie fordert, dass mit der Bürgerwindpark-Gesellschaft auch das gesamte 14-Millionen-Euro-Projekt zu den Akten gelegt wird. Die für Windräder ausgewiesene Fläche liege nach wie vor mit nur 800 Metern Entfernung viel zu dicht an der nächsten Wohnsiedlung. „Die Stadt hätte die Planungskosten besser in Fahrradwege oder Schulen stecken sollen“, sagt Dorer.

Ganz am Ziel sieht sie die Bürgerinitiative noch nicht. Helga Dorer: „Wir können nur hoffen, dass nicht mit einem rechtlichen Fehler die Grundlage für einen fremden Investor geschaffen wurde.“